Frkft a. M. 3 Juli 92.
Theure Frau Schumann,
Sie kamen mir, mit Ihren einzig gütigen, liebenswürdigen Glückwunschzeilen zuvor, – ich wollte, freudig bewegt ob des Verlobungsereignißes, schreiben, sobald der erste trouble einigermassen vorüber – Ihnen das Begebniß kundthun; da überrascht mich Ihr lieber Brief! Vieltausendmal danke ich dafür, u. drücke Ihnen aufs Wärmste die Hand! – Der Frühling hat’s so gefügt, daß die 2 jungen Herzen sich verstanden, u. fanden. Sie kannten sich ja seit ihrer Kindheit, doch eigentlich erst jetzt, hier und in Homburg, sind sie sich, bei sehr häufigen Begegnungen u. längerem Zusammenseins, näher getreten, konnten ungestörter, besser sich kennen lernen, als dies im rauschenden Berlin etwa der Fall gewesen wäre; und so wurde dieser Bund, so recht aus gegenseitig freier Wahl u. Neigung, fürs Leben geschlossen, und die Kaiserin Friedrich u. meine Wenigkeit preisen den Himmel u. sagen „der Himmel behüts“, – denn nach so vielem Unglück hat man kaum den Muth, wieder an Glück zu glauben! Aber es wirklich ein Sonnenschein für uns Alle und wie ich mich freue, eine Schwiegertochter aus der eigenen Familie zu bekommen, eine Tochter dieser geliebten Eltern, eine Schwester dieses Bruders, fühlen Sie mir nach! Hauptsächlich birgt des lieben, jungen Mädchens Charakter dafür, daß meines Benjamins Wahl eine treffliche ist.
Nun lassen Sie mich Ihnen noch ein Mal Dank! zurufen, ebenso der guten Marie; indem ich hoffe, daß die arme Eugenie endlich genese, u. Sie der Sorge um sie entheben möge! Von ganzer Seele wünscht Ihnen volle Herstellung, und recht befriedigenden Sommer,
Ihre immerdar getreue
Anna.
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