Frankfurt a/M d. 23 Dec. 93
Lieber Johannes,
ich muß Dir doch noch einen Weihnachtsgruß senden, ich meine der Neuliche könne nicht mehr so frisch sein. Mir ist der Gedanke doch lieb, daß Du den Abend bei Fellingers zubringst, lieber, als daß Du allein in Deiner Stube sitzest. Freilich könntest |2| Du wohl behaglich darüber nachdenken, auf wie vielen Weihnachtstischen Deine neuen Stücke prangen! auch ich beschere sie Eugenie – von Dir – das paßiert wohl nicht Vielen! Die Etüden habe ich bereits ganz durch, und alle die, die die Schüler spielen dürfen, mit einem X bezeichnet. Wie werden da aber die Pianisten darüber herfallen. Ich sehe mir die Schwersten nur so an mit Vergnügen, für Deine neuen Sachen brauche |3| ich sie ja nicht, mich ergötzen aber die allerlei Verschlingungen u. Harmonien. Daß im E moll Stück die Stelle theoretisch unanfechtbar, hatte ich wohl gesehen, aber, ich erlaube mir doch bei der ersten Stelle zu bleiben. ◊9In dieser Ferienzeit werde ich die Stücke noch einige Male vorspielen, das macht mir riesige Freude.
Gott sei Dank, daß die Barbi sich noch besinnt – sie[?] hat[?] doch[?] noch[?] Jahre[?] Zeit![?]◊10
|4| Wir werden morgen Abend ganz allein sein, wir Drei!
Julie u. Ferdin. sind in Gera b. d. Mutter. Sommerhoffs sind mit ihren Kindern.
So leb denn wohl! nimm auch meine treuen Wünsche zum neuen Jahr.
Deine alte
Clara.
Marie u. Eugenie rufen mir eben ihre Wünsche noch zu.
[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Wien IV
4 Karlsgasse.
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