23.01.2024

Briefe



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ID: 20999
Geschrieben am: Montag 16.04.1894
 

Myliusstrasse, 32,

Frankfurt a. M.

D. 16 April 94.

Liebe Freundin,

haben Sie Dank für die neue Sendung, in der mich ganz besonders das Einzel-Bild von Brahms anspricht – das ist ausgezeichnet. Wie ist es so lieb von Ihnen, daß Sie mich nie vergessen – bin ich doch so alt, halb schon wie geschieden von der Welt! |2| Und doch schlägt mein Herz noch eben so warm als in meinen besten Jahren, und, das Liebste auf der Welt sind mir, nach meinen Kindern, die Freunde! – Ich hatte noch nicht für ihren lieben Brief vom 21 Jan. gedankt, da kam schon wieder der neue liebe Gruß! – Ich freue mich daraus zu sehen, <w>daß Ihr lieber Mann wieder wohl ist, und auch Sie, verhältnißmäßig! |3| Könnte ich doch ’mal noch nach Wien, Sie Alle in Ihrem Heim zu sehen! ach aber, es geht ja nicht, die Reise nach Interlaken dort haben wir eine Privat-Wohnung gemiethet, Adresse: Matten bei <Sterchy>Interlaken – Haus Sterchy. ist schon so weit, nun gar von dort nach Wien, oder umgekehrt! – Für die im Jan. geschickten Bilder konnte ich nicht danken, liebe Frau Fellinger, denn sie waren nicht in dem Briefe, nur ein leeres weißes Blatt, was jedenfalls als Umschlag dienen sollte. |4| Von mir kann ich nicht viel Gutes sagen, ich leide jetzt mehr als je von rheum. nervösen Schmerzen die mich oft ganz muthlos machen. Doch, was hilft es, man muß eben durch, leicht wird doch selten Menschen das Scheiden von der Erde gemacht! und, hat man nun gar so liebe Töchter, wie ich, dann möchte man doch noch leben! – Ich entsetze mich aber, was ich Ihnen heute schreibe, es ist eben ein tiefer Schatten, der auch wieder weicht. Sie, die Sie so oft leidend waren, kennen gewiß solche Zeiten der Entmuthigung. Doch genug, viele herzliche Grüße von Ihrer Ihnen Beiden warm ergebenen Clara Schumann.

Der älteste meiner Enkel kommt dieser Tage ganz zu uns um Musiker zu werden. Schwere Sorgen sind das! –

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Fellinger, Maria (443)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 4
Briefwechsel Clara Schumanns mit Maria und Richard Fellinger, Anna Franz geb. Wittgenstein, Max Kalbeck und anderen Korrespondenten in Österreich / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-015-5
308f.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 11800-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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