Liebe Clara.
Vor Allem: Die Vorlage ist durchaus für den Stecher genügend u. brauchst Du nichts abschreiben zu laßen, auch nicht zu versuchen irgend etwas deutlicher zu machen (oder Bleistift mit Dinte zu überziehen.)
Aber – ich habe große Scheu Dir die Sachen zurück zu schicken! Im ersten Eifer habe ich eine Menge Unzweifelhaftes corrigirt, jetzt aber steht alles Mögliche darin, von dem ich doch nur hoffen, nicht annehmen kann, daß es Dir auch |3| recht sei! Deine Arbeit zeigt so schönen, liebevollen Fleiß, daß ich wirklich nicht leichtsinnig einen Strich hinein gemacht habe – aber wenn Dir nur beiläufig Alles einleuchtet u. recht ist!?!
Für Deinen Brief danke ich schön u. bitte recht sehr mir doch kurz zu melden wie die überaus traurige Mendelssohn-Geschichte endet. Vielleicht kannst Du eine Zeitung schicken in der sie erzählt wird? Reinecke thut mir leid, (seinen Nachfolger haben wir hier) aber wie ihm, so ging es ja fast Jedem |2| den ich habe alt werden sehen; Manchem schlimmer, wie z. B. Verhulst, Reinthaler u. A.
Rottenberg mit s. jungen Frau war ein wahres Plaisir – aber man mußte etwas gewaltsam den Gedanken an die Zukunft zurück drängen.
Prof. Engesser war einige Tage ein angenehmer Besuch, sonst sind Dr. Wendt ausgenommen, fast lauter Oesterreicher da. (Eben den Augenblick melde<t>n sich Mühlfeld u. Steinbach für den Nachmittag an.) Theodor Deichmann kannte ich – einige Wochen früher als Dich! Ich kam von seiner Mutter (Mehlemer Aue) |4| zu Euch nach Ddf. An gar schöne Zeiten muß ich dabei zurück denken.
Was Du für eine schöne Wohnung hast, schreibt mir Widmann – der aber wohl etwas geschickter im Besuchen sein könnte!
Nun aber bin ich, mit den allerbesten Grüßen an die ganze Tafelrunde
herzlichst
Dein
Johannes.
[Notenblatt]
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