Düsseldorf den 23t Mai 1895,
Nur im tiefsten Dank, las ich Ihre Worte theuerste Clara, die mir die schöne Nachricht bringen, daß Sie u Marie bei mir wohnen wollen! Wie u was ich einst Thörichtes ausgesprochen auf das Sie „die wirthschaftliche Unbequemlichkeit“ beziehen weiß ich nicht; bereue aber sehr trotz meines Alters, oft wohl unvorsichtig u ungeschickt zu reden u zu handeln! – Also lassen wir das Alles, u glauben Sie nur daran, daß ich mit Freude u Stolz daran denke Sie u Marie, so Gott will heut über 8 Tage zu umarmen u daß Sie wie sonst in den gewohnten Räumen vorlieb nehmen wollen! – Freilich nur wenige Tage, das ist zu schade; aber ich sagte noch gestern an Frl. Leser: „um so mehr wollen wir jede Stunde des Zusammensein’s genießen, u uns so recht froh u freudig aussprechen“! Wie viel ist das werth gegen einen Brief! – Gottlob fanden meine Hedwig u ich Frl. Leser gestern sehr munter; sie geht nun täglich spazieren, das erfreut sie u erfrischt; nur darf sie es nicht zu lange thun, sonst wird sie zu heiß u dann auch zu müde. – Hoffentlich haben wir Pfingsten so gutes Wetter wie die letzten Tage, wo auch ich mehr hinaus konnte! Hedwig jammert daß sie Donnerstag schon wieder fort muß, u der lang ersehnte Wunsch Sie Mal kennen zu lernen nicht erfüllt werden kann – Aber ihre Zeit ist immer so eingetheilt für den Vater, den Sohn u die Geschwister, daß ich schon sehr froh bin sie doch eine Woche hier zu haben; sie ist ein selten begabtes u liebenswürdiges Wesen! – Nun noch die Bitte in der Karte, die Ihre Ankunft mir sagt, zu erwähnen ob Marie das Bett lieber im Nebenzimmer oder bei Ihnen hat? –
So gebe Gott denn uns gesundes Wiedersehen, glückliche Fahrt u behüte Sie u Ihre Lieben u uns Alle!
In innigem Dank u
treuer Liebe Ihre Lida B.
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