23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 19672
Geschrieben am: Sonntag 09.05.1880
 

Geliebte Frau Schumann!
Wie viel bin ich in Gedanken bei Ihnen gewesen in dieser Woche & wie oft hat es mich gedrängt, Ihnen dieß auszusprechen! Die Pflichten des alltäglichen Lebens drängten sich aber stets in den Vordergrund & finde ich erst heute Abend ein ruhiges Stündchen um Ihnen meinen warmen Herzensgruß zu schicken. Meinen Mann habe ich beneidet um die herrlichen, erhebenden Stunden in Bonn, um das Zusammensein mit Ihnen, wie gern hätte ich ihn begleitet. <> Mit dem Herzen & mit allen Gedanken war ich zwar auch dort & weilte bei Ihnen & Ihren Lieben; mit welchen Gefühlen mögen Sie an die Ruhestätte Ihres unvergeßlichen Geliebten getreten sein, wie viel Wehmuth & zugleich wie viel Erhebung mag Sie dort erfüllt haben! Umstand<en> doch mit Ihnen eine große zahlreiche Gemeinde das theure Grab & aus der ganzen Welt strömten tausende von Grüßen der Liebe & der Wehmuth an der heiligen Stätte zusammen.
|2| Und daß es Ihnen beschieden ist, die Früchte zu ernten, deren Keim der geliebte Dahingeschiedne einst ┌in┐ die<> deutschen Herzen gelegt, das ist doch ein hohes Glück für Ihre Künstlerseele & der wohlverdiente Lohn für Ihr schweres & entsagungsreiches Leben. Möge Gott Sie noch lang erhalten, geliebte, einzige Frau Schumann & Sie noch lange der Mittelpunkt aller Liebe & Dankbarkeit bleiben, die uns alle für den unsterblichen Meister erfüllt. – Mein Mann kam in bester Stimmung nach Hause, hatte das schöne Fest sehr genossen, war sehr beglückt durch Ihre Güte & Freundlichkeit & noch lange wird er erzählen müssen, bis ich auch jede Kleinigkeit genau erfahren habe. Daß Sie mich so lieb beschenkt haben, von Herzen für die reizende Mappe die ich heute mit diesen Zeilen einweihe. Ich hoffe sie auch in Ihrem Dienste zu brauchen, wenn ich Briefe für Sie schreiben darf, was so Gott will recht bald geschieht.
Nach Brixen schrieb ich, werde Ihnen die Antwort dann senden. Recht neugierig |3| bin, wohin wir noch kommen werden, glaube aber fast an Flims, was mir doch wieder sehr gerühmt wurde. Tirol wäre uns aber auch nicht unangenehm, abgesehen davon, daß wir dort noch nie waren, wären wir auch so hübsch weit weg von allen Basler Beziehungen. Nur müßte es dann dort billig sein, weil die Reise so viel kostet. Sie werden entscheiden & wir werden uns nach Ihnen <>richten, ich freue mich grenzenlos auf Sie lieben Drei. Wer weiß ob nicht Herzogenbergs ihre Heimreise aus Italien so einrichten mit uns zusammenzutreffen, es wäre reizend. Ich will ihr darüber schreiben & recht zureden.
Nun Gott befohlen, liebe, theure Frau Schumann, unsre herzlichsten Grüße an Sie & Ihre lieben Kinder.
Ihre treu ergebne
Henriette Volkland
Basel, den 9t Mai 1880

  Absender: Volkland, Henriette (1640)
  Absendeort: Basel
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
321ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,33
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.