23.01.2024

Briefe



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ID: 25874
Geschrieben am: Sonntag 30.10.1892 bis: 31.10.1892
 

Liebe Clara.
Die kleine Nebensache voran: Es war mir eine große u. sehnlich erwartete Freude daß Dir die letzten Clavierstücke gefallen haben. Ich will aber Heute nicht weiter darüber schwätzen, sondern gleich zur Hauptsache kommen.
Man braucht sich nur vorzunehmen, Etwas gewiß nicht wieder thun zu wollen – um sicher sofort auf das Schönste dazu verführt zu sein!
So wollte ich gewiß nicht wieder verantwortlicher Redakteur sein. Ich habe nur schlechte Erfahrung gemacht u. alle Ursache, auch als solcher mit mir unzufrieden zu sein. Deshalb |3| nur frage ich, ob Du nicht irgend einem Andern Dein Vertrauen schenken kannst? Sollte Spitta nicht mit Freude die schöne Aufgabe übernehmen?
Um aber die Angelegenheit nicht aufzuhalten, könntest Du, während Du überlegst, mir die fraglichen Sachen schicken. Auch ich behalte mir allerdings vor, zu überlegen – Deinem schließlichen Befehl u. Wunsch aber ergebe ich mich freilich unter allen Umständen.
Ich denke so hin u. her: Ob z. B. einige Einleitungsworte so gelingen könnten, daß Du sie einfach unterschreiben möchtest, oder aber so, daß Du u. ich sie unterzeichnen.
|2| Jedenfalls aber wollen wir die schöne Sache doch rasch anfassen u. in einstweiligen Gang bringen, vielleicht darf dann Spitta seinen philologischen Segen dazu geben.
Falls Du mir das Liederbuch schickst, laße ich es sogleich copiren u. schicke Dir das Original zurück. Von den Var. für 2 Cl. hast Du wohl Part. u. Stimmen in Abschrift? Das Duett (Verlag Fritzsch) finde ich bei mir nicht, falls Du es nicht hast, können Härtels es mir besorgen. Von andern (sehr zweifelhaften?) Kleinigkeiten habe ich keine deutliche Vorstellung mehr u. möchte sie erst wieder sehen. Nun aber, sei nicht böse: ich bin mir über das Ganze noch nicht ganz klar, hoffe nur recht sicher, daß es zu Deiner, meiner u. Aller Freude wachsen soll u. so laß uns fröhlich anfangen!
|4| An Dessoff habt Ihr viel verloren – das weiß ich, da wir es durch seinen Weggang von hier erfuhren. Er ist uns nicht ersetzt. Das merkt man an allem Möglichen. Er war ein vortrefflicher Mensch u. ein lebhaft empfindender, feiner gebildeter Musiker.
Aber für Heute genug
u. wie immer
Ganz Dein
J. Br.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2069ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. Schumann, K. 7,262
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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