Baden d. 28 Aug 1870.
Lieber Stockhausen,
Herzlichste Glückwünsche von uns Allen hier Ihnen und Ihrer lieben Frau. Wie gut, daß der Kleine zu einer Zeit kam, wo Sie zu Haus sein konnten, wie beruhigend auch für Ihre Frau. Hoffentlich geht es ihr recht gut so fort. Wie wird denn der kleine neue Weltbürger heißen? Zu welch denkwürdiger Zeit ist Dieser geboren! Indem ich hier schreibe hören wir das unausgesetzte |2| Feuern auf Straßburg - was für Geschütze müssen es sein, die man so weit hört. Ach, man wird ganz elend von all dem Schrecklichen, das dieser Krieg mit sich führt. Ich bin gewiß eine gute Deutsche, aber jubeln kann ich nicht über diese Siege die mit so furchtbaren Opfern erkauft sind. Welch ein Blutbad müssen wir erleben! Ich habe doch auch großes Mitleid mit den armen französischen Soldaten, die so muthig kämpfen, wie ja die Deutschen es selbst auch sagen. Und all|3| das durch einen Menschen, diesen miserablen Kaiser! Denken Sie, gestern hatte ich eine Einladung der Leipziger Gewandhaus- Concerte. Hätte ich doch nicht gedacht, daß Jemand jetzt an Concerte denkt! ich konnte natürlich nicht zusagen, weiß ich ja doch selbst noch gar nicht, wo ich meine Schritte hinlenken werde<n>, kann auch nicht daran denken, so lange der Krieg dauert, der all mein Denken und Fühlen in Anspruch nimmt. Lassen Sie uns bald wieder hören wie das Befinden Ihrer Frau?
|4|Mit herzlichen Grüßen
an Sie Beide
Ihre
altergeb
Clara Schumann
Haben Sie Ihr Lied herausgegeben, und Wo?
Elise kehrt uns nächsten Mittwoch von Turin zurück.
Mein Ferdinand muß diese Woche auch ausrücken, er weiß noch nicht wohin. Ich bitte zu Gott, daß er nur als Besatzmann irgend wohin kömmt.
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