23.01.2024

Briefe



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ID: 10458
Geschrieben am: Donnerstag 06.03.1873
 

London d 6. März 1873.
Lieber Johannes,
ich habe zwar recht lange nichts von Dir gehört, aber heute kann ich nicht schweigen, oder möchte es vielmehr nicht, weil ich denke es freut Dich von mir als Augen- und Ohrenzeuge zu hören, daß vorgestern Dein Sextett in B wieder gespielt wurde, und einen großen Erfolg hatte. Das Scherzo mußte wiederholt werden, und nach dem Schluß Alle heraus – durch das |2| Zögern der Herren, weil sie nicht alle Sechse heraus wollten, dauerte es sehr lang, aber das Publikum ließ nicht nach. Eben so wurde auch neulich im Crystal Palace die D dur Serenade aufgeführt, und Joachim sagte mir, sie sey sehr gut aufgenommen worden – ich hatte leider während der Zeit im Pop. zu spielen. Dort ist das Publikum sehr gemischt, aber im Pop. war es das Beste von London. Diesen Monat denke ich auch wieder an das A dur |3| Quartett, neulich spielte ich es mit großem Beifall in Liverpool. Jetzt wäre es mir nun so lieb könnte ich die Händel Var. spielen, aber, üben kann ich fast gar nicht, bin froh wenn ich die Concerte erzwinge, denn die Schmerzen in Händen und Armen nehmen so zu, daß ich oft in größter Sorge lebe.
Ich hörte, Billroth’s haben ein Kind verloren – ich hätte der Frau so gern gleich einige Worte gesandt, aber ich fand es bei der wenigen Bekanntschaft, und ohne Anzeige |4| erhalten zu haben, nicht ganz delicat, und unterließ es. Willst Du ihr aber, oder ihm, ’mal mündlich sagen, wie innig ich den Schmerz mit ihnen fühle, so ist es mir lieb.
Ich darf fast nichts schreiben, darum auch nur noch herzlichsten Gruß
von Deiner
Clara.
Burnands haben mir aufgetragen (ich muß es also pflichtgetreu ausrichten) Dir zu sagen, daß sie entzückt seyen v. d. Sextett.
[Umschlag]
Via Ostende to Austria
Herrn Kapellmeister
Johannes Brahms.
Wien.
IV, Karlsgasse 4.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: London
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1220ff.

  Standort/Quelle:*) D-LÜbi, s: Bra:B2:Schum-2:1 u. A-Wst: 55746,43b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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