Düsseldorf d 28ten Dec.
1866
Lieber Herr Bargheer,
es versteht sich von selbst
daß ich Ihnen gern behilflich bin,
wo ich kann, und werde Ihnen
daher so bald Sie wirklich ent-
schloßen sind nach Petersburg
zu gehen, an Rubinstein und ei-
ne andere mir befreundete
Familie Briefe senden. Ob
ich Ihnen aber rathen soll
nach Petersburg zu gehen, das
weiß ich wirklich nicht, da ich die
dortigen Verhältniße wenig ken-
nen gelernt, weil ich auf feste
Engagements hingegangen
bin. Nach andern großen Städten
zu urtheilen, glaube ich aber,
daß, wenn Sie dorthin gehen, Sie
sich wenigstens 4 Wochen
Zeit dafür nehmen müßen
um sich durch einige Mal’
öffentlich Spielen erst bekannt
zu machen. Ihr Plan in den
Ostseeprovinzen zu spielen, scheint
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mir aber ganz gut, und sollten
Sie wegen Mangel an Zeit et-
wa Petersburg doch aufgeben, so
bin ich gern bereit Sie Herrn
Dr. Zanke in Königsberg, der
für mich sehr freundlich war,
zu empfehlen. Theilen Sie mir
also Ihre Entschlüße mit,
bis zum 8ten Jan. bin ich
hier, später ist meine
Adreße London at Mr. Arthur
Chappel’s 50. Nero Bond
Street.
Daß es Ihnen und den
Ihrigen gut geht, ersah ich zu
meiner Freude aus Ihren
Zeilen, und auch, daß Sie fleißig
musicieren. Mit der Sinfonie
meines Mannes mögen Sie
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Mühe gehabt haben, sie muß
aber schön gegangen sein, und
gern hätte ich sie mit angehört!
Nehmen Sie schließlich
mit Ihrer lieben Frau die
herzlichsten Glückwünsche zum
neuen Jahr und glauben Sie
mich immer
Ihre aufrichtig
ergebene
Clara Schumann.
P.S. Prinzeß Friederike
wollen Sie freundlich dan-
ken für den Gruß, den ich
von Herzen erwiedre.
[Übertragung: Cremer/Spörl]
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