Frankfurt a/M 31.12.81.
Meine liebe Freundin!
Wie sehr haben Sie u. Ihr lieber Mann mich durch Ihren Brief erfreut, war ich auch im ersten Augenblick erschrocken, als Sie von Ihrer Krankheit schrieben, so wurde ich doch bald im Verlaufe des Briefes beruhigt und bin von Herzen froh daß ich Sie mir zum neuen Jahr, in dem herrlichen Nizza, wohl u. vergnügt mit den Ihrigen denken darf. Hätte ich meinem Herzen folgen können, so hätten Sie längst wieder Brief von mir gehabt, ich bin aber mehr denn je mit Arbeit überbürdet, dazu kamen auch in letzter Zeit einige Reisen. Was mir innig leid thut ist, daß ich Sie nun in Berlin nicht finden werde –, ich habe mich endlich entschlossen dort noch einmal zu concertiren. Sie wissen daß ich mich jetzt mit öffentlich Spielen sehr beschränken muß, ich habe aber doch kürzlich in Hamburg, Hannover und München gespielt, u. überall wieder herzliche Aufnahme gefunden. Sie sehen aus diesem, daß es mir leidlich geht u. ich kann dies auch von meinen Kindern sagen. Elise ist glücklich wieder in Amerika, ihr Mann denkt aber ernstlich daran im Herbst ganz nach Europa überzusiedeln. Dies würde einestheils für uns sehr erfreulich sein, doch beunruhigt mich der Gedanke daß mein Schwiegersohn, noch so jung, sich schon den Geschäften entziehen will. Ferdinand ist bedeutend besser, doch immer noch nicht hergestellt. Marie ist allerdings wieder ganz wohl, sie muß sich aber vor jeder Uebermüdung hüten. Eugenien geht es auch gut, nur ist sie eben immer zart; trotz aller Altersgebrechen bin ich leider doch immer noch die Stärkste von Allen. Indessen habe ich nun auch Ihres lieben Mannes Sendung, seines so interessanten Werkes erhalten, muß mir aber die nähere Kenntnißnahme für den Sommer versparen, denn jetzt finde ich keine Mußestunde für so Ernstes. Das Schönste wäre freilich, wären wir in Nizza u. ich könnte Ihren Mann zuweilen bitten, mir daraus vorzulesen. Nun bitte ich schließlich aber, lassen Sie mich doch wissen, wie lange Sie noch in Nizza bleiben – Sie in Berlin zu sehen – im März – dazu ist wohl keine Hoffnung? Wir denken wohl sehr an Italien, doch wäre eine Reise dahin vor nächsten Herbst nicht möglich. Sie wissen ja daß ich hier meine bestimmte Thätigkeit habe, die mir auch sehr lieb ist. – Nun leben Sie, lieben guten Freunde, wohl – gehe es Ihnen im neuen Jahre recht gut – dasselbe wünsche ich auch Ihrer lieben Umgebung u. bin Ihre
alte getreue
Clara Schumann.
Sie verzeihen das Dictat, ich muß meinen Arm schonen. Meine Töchter begrüßen u. beglückwünschen Sie herzlich.
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