Kiel d. 27 Juni 1877.
Lieber Joachim
wie herzlich froh bin ich daß ich Ihnen heute meinen Glückwunsch zu dem morgenden Tage mit leichterem Herzen senden kann, da ja Ihre liebe Frau, wie ich höre, auf dem Wege der Besserung ist, und so wünsche ich Ihnen aus vollem Herzen ihre baldige gänzliche Genesung, die auch Ihnen Frische und Muth zurück geben wird. Hoffentlich geht es Ihnen nun auch wieder besser – haben Sie doch nicht mehr die fortwährenden Aufregungen. Was mag aber Ihre arme Frau gelitten haben! wenn sie nur beim Aufstehen recht vorsichtig ist – wir haben ja einen Tag Hitze den Anderen Kälte. Möge Ihnen im nächsten Jahr Kummer und Sorge fern bleiben. – Für Ihre lieben Zeilen neulich meinen Dank. – Ich hoffe ich erfahre von Julie immer über Sie – sie ist darin so sehr liebenswürdig. Mir geht es leidlich! ich studiere jetzt – rathen Sie – die Chaconne v. Bach von Johannes ganz meisterhaft für die linke Hand gesetzt. Das ist eine gute Uebung abgesehen von dem Genusse an der Musik. Er schrieb mir, man habe ja nicht immer Joachim zur Seite, und könnte sich dann doch daran erfreuen. Sonderbar war, daß ich mir einen Finger der rechten Hand verstauchte, und 3 Tage nicht spielen konnte mit der Rechten, und sofort an diesem Stück studierte. Sonst schreibt er nichts von Arbeiten, hat aber gewiß Manches vor, darum die große Einsamkeit in Kärnthen aufgesucht.
Drücken Sie Ihrer lieben Frau die Hand von mir und gehe es Ihnen Allen bald recht gut.
In treuer
Freundschaft
Ihre
Clara Schumann.
Hier grüßt und gratulirt Alles, Litzmanns, Michaelis – vor 2 Jahren da war es besser – wir sprechen so viel davon – gedenken Ihrer viel. Bitte grüßen Sie Frl. Schnatter – ich sah sie gar nicht mehr! –
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