Frankfurt d. 3. Jan 84.
Lieber Levi!
da hab ich nun erst alle kleinen Billetchen besorgt u dachte nachher rechte Muße zu einem ordentlichen Brief an Sie zu finden und nun muss ich mich doch entschließen zu dictiren, da ich nächstens wieder öffentlich zu spielen habe u meinen Arm schonen muss.
Ihren lieben Brief hätte ich so gern augenblicklich beantwortet – es war so manches darin was mich tief berührte. Vor allem war es mir ganz betrübt von Ihrem Unwohlsein zu lesen, u das dieses wirklich so anhaltend ist; möge nur Italien seine Wunder an Ihnen üben, das wünsche ich aus vollem Herzen, denn, der arme Lenbach! wie sehr beklage ich ihn denn ich kann mir wol denken wie ihn das schreckliche Ende der Fr. Fleisch erschüttert haben muß.
Sie sehen aus dieser traurigen Begebenheit, wie vorsichtig die Männer mit sogenannten Freundschaftsverhältnissen sein sollten – wo da die Grenze zu ziehen ist, weiß man nicht, u dann entsteht so furchtbares Unglück. In wie weit Lenbach Schuld, kann ich natürlich nicht beurtheilen, wol Niemand kann es wissen, als er selbst! – Sie erhalten hier die Einlage zurück, ich bin gern bereit Glasenapp die Copien der Wagnerischen Briefe zukommen zu lassen, kann sie aber erst im Sommer besorgen, da wir jetzt alle zu beschäftigt sind.
Ich lasse Miss Smyth, die ich noch bei Fiedlers vermuthe, bitten, uns doch auf einer Correspondenzkarte zu sagen, wie es ihr geht, und Sie, lieber Freund, bitte ich vor Allem mir Nachricht zukommen zu lassen.
Nehmen Sie die herzlichsten Wünsche in’s neue Jahr hinein, bringe es Ihnen Gesundheit, das ist wol mein bester Wunsch.
Getreu Ihre
Clara Schumann.
An Fiedlers herzliche Grüße sowie an deren Gast.
Die Kinder senden ihre herzlichsten Wünsche.
Haben Sie Nachsicht, das Dictiren wird mir so schwer!
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