Den 6 Dez. 84.
Lieber Joachim
Eben habe ich in Leipzig absagen müssen. Mein Armleiden scheint hartnäckiger als wir im Anfang gedacht haben. Die Schmerzen sind so heftich [sic], daß an Spielen nicht zu denken ist, es müßte denn ein Wunder geschehen, daß sie mich plötzlich verließen, was mir schon mehrmals passirt ist. Daraufhin kann ich aber das Comitee nicht bis zum letzten Augenblick hinhalten. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie schmerzlich mir das Verzichten ist, u. habe ich nur einen tröstlichen Gedanken dabei, daß Sie vielleicht durch die Fantasie – (anstatt des Concertes) den Namen Schumann bei dem Feste vertreten. Ich denke mir, daß man Sie noch um eine Nummer bitten wird. Leider muß ich auch den Gedanken, dem Feste als Zuhörerin beizuwohnen, entsagen, da der Arzt mir jede Anstrengung u. besonders klimatische, schnelle Wechsel, die ja bei solcher Gelegenheit gar nicht zu vermeiden sind, untersagte.
Von Rudorf hatte ich Brief, in dem er sich gekränkt darüber auspricht, daß man ihn als Director des Stern’schen Vereins nicht zu dem Feste eingeladen, wohl aber Blumner. Ich glaube, daß die Herren sich mit den Einladungen auf Staatsinstitute beschränkten, freilich aber haben sie z. B. Scholz, Volkland u. A. eingeladen, die auch keinen staatlichen Instituten vorstehen. Es thut mir recht leid für Rudorf! Reden Sie ihm doch zu, daß er noch hingeht u. die Sache ganz ignorirt. Unter uns gesagt, sehr rücksichtsvoll sind ja die Herren nicht. Nach England gehe ich wohl kaum u. hoffe doch, will’s Gott, noch nach Berlin zu kom-men, natürlich nur<,> solange Sie noch da sind.
Adieu, lieber Joachim denken Sie während des Festes auch einmal Ihrer alten betrübten Freundin
Clara Schumann.
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