23.01.2024

Briefe



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ID: 11952
Geschrieben am: Montag 13.07.1885
 

Wildbad-Gastein d. 13 Juli 1885, bei Frau L. Windischbauer.

Liebstes Lisl,

das ist ja eine Kette von Wohnungs-Mißgeschicken. Ich erhielt vor zwei Tagen von Stengl Nachricht, daß am Königssee nichts zu haben sey, da kam uns die Angst, wohin? und wir banden uns hier bis 1 August. Wie leid es mir ist, daß Sie so herumgesucht, kann ich Ihnen nicht sagen, aber wir wußten ja auch gar nicht, was anfangen. Am 23t kommt der Kaiser, u. da ist hier Alles überfüllt, so entschlossen wir uns denn zuzugreifen, wo es sich uns bot. Grösswang wäre übrigens bedenklich, besonders was die Reinlichkeit betrifft. Nun müssen wir uns gedulden, es hilft Alles nichts. Wenn uns nur die Moritz keinen Streich spielt – ich habe ihr noch ’mal geschrieben, um es noch ’mal schwarz auf weiß von ihr zu haben. (Das aber unter uns, Levi ja nicht sagen.) Wills Gott, so finden wir uns am 2ten Aug bei Ihnen ein. Wir dachten dann in der Post abzusteigen – werden vorher dorthin schreiben – leider hat das noch Zeit!!! Glauben Sie nun nicht an die Möglichkeit daß H. die Arbeit oben in Vordereck machte? ich würde mich ihm dann zur Verfügung stellen wenn er mich brauchte. Marie hat nun aber eine andere Idee als eine Büste. Sie möchte lieber etwas Reliefartiges was die ganze Erscheinung am Clavier mit den Händen wiedergäbe, etwas in der Art wie die Lucca della Robbias, wie sie sich im Kensington Museum befinden; es sind Terracotten. Das hätte auch noch den Vorzug, daß wir meinem Schwiegersohn nicht die Freude an seiner Büste von Kopf (v. mir) trübten. Sollte nun wirklich eine Möglichkeit sein, daß H. die Arbeit jetzt unternähme, so theilen Sie ihm Mariens Idee mit, was er dazu meint, und sprechen Sie aber auch über das Geschäfftliche mit ihm, Sie wissen, ich bin ein pedantischer Mensch in dem Puncte, und, ist es mir unbehaglich, nichts Bestimmtes abgesprochen zu haben, auch für Ihn ist es ja viel angenehmer so. Wir schleppen uns hier so hin. Leider bin ich gar nicht recht wohl, wenn auch die Leiden kleine nur sind. Aber, sagen Sie, was fehlt nur dem Levi? das ist ja sehr traurig, was soll daraus werden? Der hat gewiß zu sehr auf seine Natur los gearbeitet. Eugenie schreibt uns, daß sie nach der französ.(?) Schweiz (Canton Wallis) wollen, die Orte weiß ich noch nicht. Von Heyse hatte ich einen netten Brief, er schreibt sehr erfreut über die Briefe. Wach hat mir geantwortet u. will nun erst noch mit dem Buchhändler Geibel sprechen – die Sache zieht sich furchtbar hinaus. Leben Sie wohl, liebe Beiden, haben Sie Dank für alle Mühen. Kaum wage ich jetzt schon zu sagen „auf Wiedersehen“ man wird im Alter so kleinmüthig. Getreu Ihre
Cl. Sch.

Marie, mein Schutzgeist, grüßt herzlichst. Wir bleiben wahrscheinlich hier im Hause, nur andere Zimmer.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Wildbad-Gastein
  Empfänger: Herzogenberg, Heinrich u. Elisabeth von (14856)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 15
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit den Familien Voigt, Preußer, Herzogenberg und anderen Korrespondenten in Leipzig / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller, Ekaterina Smyka / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2016
ISBN: 978-3-86846-026-1
592ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6880-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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