Frankfurt a/m 26 Oct. 85.
Geehrter Herr Limburger,
Ich muß heute recht weit ausholen mit meiner Antwort; ich habe fortwährend darüber nachgedacht, was ich Ihnen schreiben soll, da ich wieder, wie schon seit einigen Jahren, im Herbst u. Anfang Winters viel an Schmerzen in Armen u. Schultern leide und daher mich in die Lage<n> versetzen möglicher Weise gegebene Versprechen nicht erfüllen zu können. An das Quartett in Leipzig dürfte ich schon einmal weder vor noch nach dem Orchester-Concert denken, denn ich brauchte in meiner jetzigen Verfassung mindestens acht Tage Zwischenraum, und so lange kann ich von hier nicht fortbleiben, da ich ja auch schon Montag hier abreisen muß, wenn ich Mittwoch in der Probe spielen soll. Nun kommt aber noch ein großes Bedenken für mich, das ist die öffentliche Probe am Mittwoch. Auch schon seit einigen Jahren habe ich alle Engagements mit vorhergehender öffentlicher Probe abgelehnt, weil sie so gut wie ein öffentliches Auftreten, eben so anstrengend sind, denn mit halber Stimme kann man da nicht spielen. Ich würde es wohl einrichten können, daß es beim 26 November bliebe, aber ich überlasse Ihnen, ob, bei diesen zweifelhaften Umständen, bei der Möglichkeit, daß ich Ihnen im letzten Moment noch eine Verlegenheit durch Absage bereiten könnte, Sie nicht lieber auf meine Mitwirkung verzichten. Ich schreibe Ihnen dies so ausführlich, wie man es einem wohlwollenden Freunde schreibt, und hoffe, Sie verstehen meine Scrupel u. antworten mir ganz offen. Ich begreife es vollkommen, wenn Sie so auf das Ungewisse hin, nicht gern ein Engagement abschließen. Auch ist noch der Übelstand, daß, wenn ich ein großes Concert gespielt, ich keine Solos mehr spielen kann, da ich alle Kräfte an dieses setze. Mit freundlichem Gruße und der Bitte um Nachsicht,
Ihre
aufrichtig ergebene
Clara Schumann.
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