Frankft, den 4. Januar 86.
Lieber Joachim!
Tausend Dank für Ihren lieben Brief, der mir eine reizende Neujahrsgabe war, und den ich doppelt hoch zu schätzen weiß, als ich Ihre beschränkte Zeit kenne. Wie lieb war es mir, darin auch von Ihren lieben Kindern zu hören, und daß sie Ihnen Freude machen, mögen Sie solche noch recht viel an ihnen erleben, das ist ja doch der lindernste Balsam auf Ihre Herzenswunden. Sie sehen, daß ich immer noch dictieren muß, mein Arm ist zwar besser, aber noch darf ich nicht spielen und nicht schreiben. Wie froh bin ich, daß Sie das Haus in Salzburg endlich los sind, woran Sie doch keine Freude mehr haben konnten. Von der schönen Aufführung bei Mendelssohn schrieb mir dieser selbst ganz entzückt, wäre man doch da dabei gewesen. <In> – Inliegenden Brief wollte ich Sie bitten Frau von Beulwitz zu gütiger Besorgung zu geben – ich weiß nämlich nicht, ob sie noch in der alten Wohnung ist. Sagen Sie Frau v. B. meine besten Wünsche zum neuen Jahr. – Was ich Alles für Sie auf dem Herzen trage, wissen Sie, möchte nur ein Teil davon erfüllt werden. Ich soll am 22. hier spielen, ob es möglich sein wird, ich weiß es nicht, einstweilen sieht es noch nicht darnach aus – es würde mich sehr betrüben, könnte ich nicht, schon das zweite Mal hier verschoben. Leben Sie wohl und nehmen Sie von uns Allen die wärmsten Grüße.
Ihre
alte
Clara Schumann.
[Umschlag]
Herrn Doctor
Joseph Joachim.
Berlin.
5. Friedrich-Wilhelmstraße/I
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