23.01.2024

Briefe



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ID: 12440
Geschrieben am: Samstag 13.06.1891
 

Frankfurt a/M d. 13 Juni 91,

Mein liebes, theueres Lisl,

ich bin so traurig über Ihren letzten Brief, wie ich es Ihnen gar nicht sagen kann! immer denke ich bei all meinem eignen Leide an Sie. In meinem armen Sohne beklage ich den <>Dulder, und bin dankbaren Gefühles, daß er von seinen schrecklichen Leiden erlöst, er, der keine Lebensfreude mehr hatte, aber, Sie, liebe Freundin, sind im Vollbesitze aller geistigen Interressen, voller Lebenslust, und nun durch das böse Herz-Leiden so gehemmt in Allem, so schwer geprüft in der Geduld,oh, könnte man Ihnen doch helfen! – Ich hörte gestern daß Metzger an Herzkranken ganz wunderbare Curen macht, ob Der Ihnen nicht helfen könnte? wenn Sie doch nach Naumann kommen, was mit des Himmels Hülfe hoffentlich bald geschieht, consultiren Sie doch Metzger in Wiesbaden., er ist ein höchst <>Vertrauen erweckender Mann, nimmt nie einen Patienten an, für den er keine Hoffnung hat. Und, wie muß der liebe theuere Mann mit Ihnen leiden! wie war es lieb von Ihnen, daß Sie mir selbst schrieben, gewiß gegen des Arztes Erlaubniß!? – Reisen Sie aber ja nicht allein ohne Ihren Mann, so viel Urlaub wird er sich schon erbitten können. Bitte, lassen Sie es mich wissen wenn Sie reisen; müssen Sie nicht über Frankfurt? sollten Sie dann nicht etwas hier rasten? freilich sind wir nur bis July hier, und, ich fürchte sehr, Sie, liebe, gute Lisl werden noch nicht fort können? – Vor allem <>aber Dank nun für Ihre liebevolle Theilname. Sie können wohl denken wie betrübt wir sind, auch um der armen nun vaterlosen Kinder halber, aber, wie gesagt, wir müssen dankbar sein, daß er erlöst ist; denken Sie sein ganzer Organismus war von den schrecklichen
narcotischen Mitteln zerstört, und, abgesehen der fürchterlichsten Zukunft, die ihm, wäre er erhalten worden, bevorstand, war doch auch sein Gemüths-Elend durch die schreckliche Frau so entsetzlich<>, daß wir ihm ein langes Leben nicht wünschen konnten mit so furchtbaren körperlichen
Leiden dann. Sie <> können denken, wie Vieles an uns <>heran tritt, aber der Tod des Vaters bringt die Kinder unserem Herzen nur näher, und, was ich erschwingen kann, das<> will ich thuen.
Leben Sie wohl, ich kann nicht ohne Anstrengung schreiben, bin gar nicht wohl, die kühle Witterung vertrage ich schlecht, hoffe nun von Franzensbad u. Obersalzberg.
Die Kinder grüßen Sie von ganzem Herzen mit mir Ihrer in treuer Liebe Ihrer Beider gedenkenden
Clara Schumann.

Die Mutter müßten Sie aber doch haben! Eug. ist sehr befriedigt von Ihrer Reise. Schicken Sie mir doch ja das Requiem Ihres Mannes.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Herzogenberg, Elisabeth von (691)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 15
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit den Familien Voigt, Preußer, Herzogenberg und anderen Korrespondenten in Leipzig / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller, Ekaterina Smyka / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2016
ISBN: 978-3-86846-026-1
755ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6909-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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