Frft a/M, den 19ten Januar 87.
Lieber Joachim!
Sie kennen meine sehr lieben Freunde Litzmann’s, die nach Berlin gezogen sind, und mir glücklichste Briefe schreiben über die Genüsse die sie durch Ihre Quartette haben. Lisbeth Litzmann ist eine ganz besonders eifrige Diletantin und hat keinen größeren Wunsch als zu Ihren Vortrags-Abenden u. den Proben in der Hochschule Zutritt zu erhalten. Frau L. schreibt man könne dies nur erlangen durch Ihre besondere Güte, und da bitte ich denn recht schön für meine theuren Freunde, die Sie ja auch so gern hatten, als Sie in Kiel waren. Ich höre, daß Sie jetzt mit Ihrem Quartett in Paris sind – das wird ein Jubel sein, könnte man doch dabei sein. Ich habe keine Ahnung, ob Sie von Paris erst wieder nach Berlin zurückkommen oder gleich nach England gehen? Wenn Sie Chappell sehen, so sagen Sie ihm doch, wie sehr schwer mir der Entschluß wird, dies mal nicht nach England zu gehen, ich glaube aber, daß es vernünftiger ist, ich thue es nicht. Neulich hörte ich von Jemand Sie hätten mit Frau v. Herzogenberg die neue Violin-Sonate von Brahms gespielt – ist dem so? Bitte sagen Sie mir darüber ein Wort auf einer Corresp-Karte, und geben Sie mir einige kleine Notitzen über Ihre Pläne in nächster Zeit, damit ich weiß, wo meine Gedanken den lieben Freund zu suchen haben. Mit Hausmann habe ich ein paar mal schön musizirt – das war eine Erquickung; er spielte prachtvoll. Vergangene Tage sang auch zur Mühlen hier und entzückte uns Alle – ich finde er hat große Fortschritte gemacht. Nun will ich schließen, Sie haben vielleicht kaum Zeit, jetzt Briefe zu lesen. Gehe es Ihnen recht gut! Grüßen Sie all die Lieben Freunde in London und nehmen Sie selbst den wärmsten Gruß
Ihrer
alten
Clara Schumann.
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