Frankfurth d. 5. Jan. 1872
Meine liebe Lyda,
herzlichsten Dank für Ihre lieben Zeilen! wie sehr erfreute mich der so baldige Gruß! Ich hätte wohl Ihnen vor Rosalien schreiben sollen, aber ich hatte ihr noch nicht zum neuen Jahre gratuliert und dachte, ich würde die Einsame damit besonders erfreuen – Ihres Einverständnisses war ich im voraus gewiß. In Cassel war ich mit dem größten Enthusiasmus aufgenommen – lange ist mir kein so warmes Publikum vorgekommen in Deutschland. Sonst leben wir dort ganz still! Hier ist es im Hotel höchst unbehaglich! so finster im Zimmer, daß jetzt 10 Uhr, Elise mir eben noch Licht anstecken will, weil ich kaum schreiben kann. Ob ich nach Heidelb. gehe, weiß ich noch nicht – Regan ist hier, singt heute Abend! ich hörte, sie wolle gern ein Concert geben, und ist dies der Fall, so will ich ihr spielen – sie sang mir schon zwei mal, und freue ich mich daher doppelt, wenn ich ihr jetzt auch mal nützen kann. Ich muß in die Probe – Weiteres, vielleicht Bestimmtes dann nachher.
D. 6. Erst heute kann ich diese Zeilen beenden, gestern kam wieder allerlei Unerwartetes. Das Concert war brilliant, die Leute sehr entzückt – es ging auch recht schön. Ich denke nun wohl wir kommen Montag Abend zurück – erwarten Sie uns aber nicht an der Bahn – ich weiß noch nicht, wie es sich macht. Heidelberg gebe ich wohl auf – Sie wissen, ich bin schwach. Ich weiß, Marie (und Ihr Mann ja eigentlich auch) hält es für unnütz, wozu also soll ich mich da noch herumtreiben! Morgen als einen freien Tag Elisens will ich aber gern noch hier bleiben, Ich telegraphire noch ’mal, wann wir kommen. Inliegenden Brief wollen Sie Rosalie geben.
Und nun mit innigsten Grüßen an Sie und den theuren Mann
Ihre Clara
Marie grüßt auch schönstens.
|