23.01.2024

Briefe



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ID: 17275
Geschrieben am: Mittwoch 27.02.1856
 

Am 27ten

Liebe Frau Schumann.

Seit Johannes wieder weg ist, höre ich gar nichts von Ihnen; nur einen blauen Schimmer Ihres Wohlbefindens, den ich aber auch gleich nach Düsseldorf weiter befördern mußte, brachte neulich der Briefträger. Gerne erführe ich mehr; kommen Sie denn wohl gar selbst nächstens? Ihr<e> Brief an Comtesse Bernstorff ist angelangt, hoffentlich auch beantwortet; ich weiß, daß man nur das Schönste für Sie denkt und vorhat. Marie und Elise habe ich an der Eisenbahn gestern gesehen -- die lieben Gestalten waren nur gar zu flüchtig, schienen aber ganz guter Dinge, meine Zuneigung und Sorgfalt konnte sich nicht in schönster Farbe, aber desto heißer in wärmendem Kaffee kund thun. Da die Kinder weder in Braunschweig noch in Magdeburg Wagen zu wechseln hatten, sind sie nun hoffentlich in den treuen Preußer’schen Händen wohlauf! Daß Sie meine lieben Verwandten in Pesth besuchten, ist gar freundschaftlich von Ihnen und wird Stoff zu angenehmer Unterhaltung geben, wenn wir uns wiedersehen. Ich bin leider mein Lebelang so <oft> fortdauernd vom Haus gewesen, daß ich gar nicht ermessen kann, wie Leben und Ton dort zu Ihrer Stimmung paßt, und freue mich darüber zu hören. Meine Schwester Josephine wird Sie besucht haben und mir hoffentlich noch über Ihren Aufenthalt in Pesth schreiben. Gestern hatte ich die freundlichsten Nachrichten von Johannes, der einen kontrapunktischen Verkehr aus der Ferne zwischen uns vorschlägt, was mir anregend war und die beste Harmonie zwischen Jos. u. Joh. verspricht; am Ende treten Sie dem später in ruhigerer Zeit auch bei, damit es am schönsten Takt dazu auch nicht fehlt! Die Göttinger Fahrt gab leider nicht so ergiebige Ernte, als wir gerne wollten; aber ich hoffe auf eine gute Nachlese in Hannover, Joh. hat versprochen hier wieder zu einer Soirée herzukommen, wo dann auch das H dur Trio gespielt werden soll. - Zu Eckerts Concert konnt' ich so in aller Eil nicht zusagen; nachher ward nichts daraus. Ihre Programme sind ja wunderschön und interessant gewesen -- und herrlich war's, von dem Verständniß der Wiener für Ihres Robert Sachen zu hören. Hat der Verehrte denn geschrieben, und ist die Fuge überschickt? Sagen Sie mir's und vor allen Dingen, wann ich hoffen darf, Sie wieder zu begrüßen.
Wie immer ergeben und freundschaftlichst
Der Ihrige
Joseph J.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
252ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh: 55.1998, Nr. 28-1
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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