Liebe, gute Frau Schumann
Sie haben mich, wie immer an Aufmerksamkeit und Herzensfreundlichkeit sehr überragt, indem Sie mich am 1ten durch Ihre warmen Zeilen weckten, währenddem ich mich begnügt hatte meiner lieben Freunde am Sylvester-Abend herzlich zu gedenken! Sie sind, wie ich hoffe, mit den Kindern und Johannes eben so heiter beim Punschdampf und Gläserklang in die neue Jahresnummer gelangt wie ich, der ich bei Kaulbach mit Scholzens zusammen war, vorher die Es dur Salieri Sonate spielte, und dann eine allerliebste Kindermummerei der K’schen Buben mit ansah, bei der wir alle vor Lachen (nicht vor Punsch!) kaum aufrecht stehen konnten. Laub hat hier, namentlich dem Orchester, sehr gefallen; auch ist er wirklich der beste Geiger den ich gehört habe, und ich habe mich über unsern Hof, der die Taktlosigkeit hatte sich ungezogen theilnahmlos aufzuführen, recht geärgert. Besonders schätzen lernte ich L. im Vortrag eines letzten Beethoven u. Haydn bei mir, zu denen ich 2te Geige spielte. Sie glauben gar nicht mit welcher Gefühlswärme und Laune er die Quartette vortrug! Weniger gefiel mir der Vortrag des Beethoven’schen Violin-Concertes, bei dem mich die etwas virtuosenmäßigen Kadenzen, ein bisweilen etwas rauher Ton (statt der weichen Fülle, die ich verlange) und etwas moderne Sentimentalität im Adagio störten. Doch mag am Ton das Instrument schuld sein, das zwar gut, aber nicht ausgespielt genug ist. Wahrhaft erstaunlich aber spielt er mein Koncert, so feurig und sicher in den schwierigsten Passagen, wie ich’s nicht herausbringe. Es freut mich, daß er’s so gerne vorführt. – Übermorgen haben wir das Concert für Marschner im Theater – leider so bald, denn da sich jetzt so viel Aufführungen für unser mittel-<>„reichisches“ Hannover zusammendrängen, so habe ich nicht den Muth, Ihnen zu einem Concert zuzureden, und Celle allein lohnt mir nicht, wenn ich den Flügel-Transport bedenke. Wenn Sie kommen besprechen wir dies Alles, und wann für Sie ein passenderer Moment zu finden sei. Für Johannes habe ich heut ein hübsches Zimmerchen in meiner Straße gefunden, falls er wirklich hier ein wenig aushalten kann. Sie kommen doch wohl zusammen. Ich bitte nur um Stunde der Ankunft. Die Oktett Stimmen bitte ich mitzubringen. In herzlicher Ergebenheit
J. J.
P. S. Ich schließe einen Brief von Szárvády bei; auf den Vorschlag gehe ich nicht ein.
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