Liebe, gute Frau Schumann
Wir haben, wie mich Graf Platen eben versicherte, am 3ten Januar wirklich Concert. Wie freue ich mich Sie nun endlich einmal wieder zu sehen! Könnte ich Ihnen nur eine Schumannsche Sinfonie in’s Programm flechten; es wird aber kaum zu machen sein. Im ersten Theil soll nämlich, um die Solo-Bläser auf eine anständige Art zu beschäftigen, die sich auch einmal wie billig produciren wollen, das Septett von Beethoven gespielt werden. So bleibt nur der 2te Theil mit Orchester-Musik, und dafür habe ich (aus freiem Antrieb) Woldemar in Köln gesagt, ich würde in meinem nächsten Concert seine Medea-Ouverture aufführen, werde also als zu einer kurzen Schluß-Sinfonie zu einer Haydnschen greifen müssen. Doch hoffe ich sehr, daß wir Ihnen in der Probe etwas vorspielen können werden, das Ihnen besonders an’s Herz gewachsen ist. Quartett am Sonntag Morgen sollen Sie nach Herzenslust haben! Wenn’s nach mir gienge ließe ich Ihnen keine Ruhe auch uns im Concert etwas zu spielen – aber für den 10ten Januar (4tes Concert) ist Frau Bronsart engagirt, und so muß diesmal ein Concert ohne fremde Künstler gegeben werden (d. h. eines bei dem Platen Geld spart.) Der Mangel an Interesse und Sachkenntniß bei meinem Intendanten wird mir immer widerlicher; u. es ist gut, daß meine kurzgefaßte Kündigung abgegangen ist. Liebe Frau Schumann, eben kömmt Ihre Sendung an mich an; welch’ gütiges, beglückendes Gedenken! Zwei Iphigenien!! Und ich muß Ihnen bloß von hier aus schriftlich danken, statt Ihnen durch Wort und Blick <> meine herzliche Freude kund zu thun. Die beiden Alcesten sind über die Ankunft der Vaterlandsgenossen ganz beglückt, und ich hoffe nur daß mich die gute Gesellschaft nicht gar zu sehr von allen Ereignissen dieser Tage abziehen wird, was mir meine Freunde hier sehr übel nehmen <würden> könnten. Es ist zu schön, meinen Gluck so nach und nach durch Ihre Sorgfalt vervollständigt zu sehen. Wie gern hätte ich Ihnen auch durch einen musikalischen Gruß zum Fest eine Freude bereitet. Mir ist aber gar nichts in den Sinn gekommen, das Ihrer würdig wäre, und das Sie nicht schon hätten. Das Schwind’sche Märchen, das seit lange ein Liebling von mir ist, wird Ihnen hoffentlich <mit> und den Kindern eine willkommene Anregung sein; ich habe es in München bestellt, und es ist wohl jetzt bei Ihnen. Grüßen Sie alle von Herzen von mir, und kommen Sie, verehrte Freundin, bald zu
Ihrem
treuergebnen
Joseph Joachim
P. S. Von dem glücklichen Erfolg des Requiems in Köln mündlich. Es ist ein großer Fortschritt von Scholz in dem Werk gegen frühere Arbeiten erkennbar, und es ist mir lieb, daß ich es gehört. – Von Grimms aus Rom hatte ich gute Nachrichten. Johannes schweigt. – Ein Oelbild Beethovens, mit dem mich Frau Herstadt überrascht, wird Ihnen gefallen. Ich freue mich schon, es Ihnen zu zeigen.
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