23.01.2024

Briefe



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ID: 17417
Geschrieben am: Freitag 12.06.1874
 

3,BEETHOVENSTRASSE, N.W.
THIERGARTEN.

Liebe Frau Schumann!

Herzlichst danke ich für Ihren theilnehmenden Brief! Leider ist es wahr, daß ich nach Carlsbad muss, und alle meine schönen Schweizerpläne in die Luft fliegen! – Ich denke Dienstag von hier zu gehen, in Dresden zu übernachten, und am Mittwoch Nachmittags 445 wahrscheinlich über Teplitz zu kommen. Sollte ich eine andre Zeit nehmen müssen, so gebe ich Ihnen noch Nachricht. Ich würde mich furchtbar freuen, Sie einen Augenblick wenigstens zu sehen! Unsre schöne Tour in der Schweiz können wir nun ja nicht machen! Sie haben keine Idee, liebe Frau Schumann, wie leid mir dies thut! – Ich gehe dann nach der Kur in C. nach Aussee – habe heute dort gemiethet. Nach der Schweiz wird es uns zu kostspielig da ich mir doch die Reise nicht verdiene, wie ich erst mit Stolz hoffte. – Wenn ich nur meine Leiden los werde dann bin ich auch schon zufrieden. Die Schmerzen die ich in dem Winter ein paar mal bekam, sind dies mal so heftig aufgetreten u. haben 10 Tage angehalten. Gott lob dass auch zugleich das wirkliche Übel sich deklarirte – da ich ganz gelb ward: Gallensteine. Die Schmerzen, denen ich in C. entgegen sehen muss, sind wohl gross – aber die Kur ist gegen dies Leiden geradezu unfehlbar. Denken Sie ich bin so froh ein ganz ausgesprochenes Leiden zu haben – u. nicht etwa Nervengeschichten. Ich kann mich doch gar nicht schonen, bin überhaupt nicht dazu angethan an meinen dummen Körper immer zu denken, u. da bin ich froh, dass dies ein Leiden ist, welches wirklich ganz ohne Ursache – wenigstens ohne leichtsinnige Ursache von meiner Seite, kommen kann. – Gerne wüssten wir aber, wie es Ihnen geht. Da Sie nicht selbst schreiben vermuthe ich wohl, dass es noch nicht viel besser geht. Gott gebe nur, daß Sie befreit werden von dem fürchterlichen Übel – und einem guten, schönen Winter entgegen gehen! – Jo wollte Ihnen immer schreiben, aber – ! Übers Fest haben Sie wohl schon viel gehört. Das schönste war das Tryumpflied [sic] – u. Brahms war sehr nett. – Mein Mann war in heller Begeisterung über das Werk. Ich habe ihn lange so nicht gesehen. – Über Hiller lässt sich diesmal aber viel klagen – er war gar nicht nett – und wir sind recht „verkältet“ weil am Festsouper er Brahms leben lies [sic], als ob Brahms so ein kleines Nachtlämpchen wäre. – Genug, er ist wohl ein wenig Altersschwach! – Wann werden wir Ihnen etwas mündlich erzählen <>vom Fest? Viele Grüsse von Jo u. mir für Sie u. Marie. Bargiels waren gestern da – u. er sieht viel besser aus als Ostern wo er her kam. –
In treuer Liebe
Ihre
Ursi.

12ten Juni

  Absender: Joachim, Amalie geb. Schneeweiß (2468)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1138ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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