Liebe Frau Schumann
Nachdem ich heute in dem ganz gefüllten Saal der Philharmonie (Generalprobe) gespielt, kann ich mit Überzeugung zureden ihn zu nehmen. Die Akustik ist für Solo vortrefflich, und nach dem Zeugniß von Rudorff und andern klingt gerade Klavier sehr gut darin, nicht schlechter als in der Singakademie. Auch ist das Künstlerzimmer sehr behaglich, und anständig, so daß ich glaube es werde Ihnen gefallen. Ich selbst habe Klavier nicht in der Philharmonie gehört, aber alle die D’Albert und Grünfeld darin zuhörten, sagten mir es habe deutlich und brillant geklungen. Die Singakademie habe ich, wenn die Éstrade besetzt war, vortrefflich gefunden; aber man klagt gerade bei Klavier, wenn der Raum dahinter nicht gefüllt ist, (so sagt mir z. B. Martin Levy.) Außerdem müssen Sie bedenken, daß die Einnahme um 4000 MK geringer in der Singakademie ist. Also bitte<n> thun Sie mir den Gefallen nicht „Nein“ zu sagen; ich darf die Verantwortung für den größern Saal übernehmen: Sie wissen daß mir das künstlerische dabei in erster Linie steht wenn ich zurede. Telegraphiren Sie mir, daß Sie einverstanden sind! Am Donnerstag soll die erste Annonce <darin> in den Zeitungen stehen. Wie freue ich mich dann auf das 2te Concert mit der neuen, unbekannten Sonate.
In aller Eile wegen des Concertes heute Abend
Ihr
getreuer
Joseph Joachim
Montag, d. 26.
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