Dinstag 2 August 1864.
Liebste Frau Schumann!
Vorhin war ich vor Ihrer Thür; es war mir, als hätte ich Ihnen noch nicht genug gedankt, für den schönen, gemüthlichen Abend, und als müßte ichs noch einmal thun; er war so schön! ich könnte weinen, wenn ich daran denke! – Wir kamen sehr glücklich nach Haus. – Eben, als ich unterwegs zu Ihnen war, bekam ich Skrupel, von wegen meines zu often Kommens! Aber konnte es dennoch nicht bleiben lassen; wurde indess tüchtig gestraft, durch Ihre Abwesenheit! – Gewiß kam ich furchtbar ungelegen! bitte bitte sein Sie mir nicht böse! – Ich wollte Sie auch wegen meines morgenden kleinen Thee’s, gern einen Augenblick gesprochen haben, und wissen, wie es mit Brahms steht? ob er sich wirklich dazu versteht? und ob Sie glauben, daß das Programm: 1.) f dur Trio v. Ihrem Manne, 2,) 3 Sätze der 9ten Sinfonie, 3) vielleicht Gesang der Viardot, 4) Trio c moll v. Mendelssohn, den Abend füllt? oder ob noch was Anderes dazwischen sollte? – Es wäre prachtvoll, wenn Sie den Brahms mit bekämen, bitte thun Sie, was Sie können um ihn zu vermögen! Bitte laden Sie ihn doch ein, in meinem Namen; aber natürlich nur dann, wenn Sie sehen, daß er es nicht ungern thut. – Ich bin ja so furchtbar angst, daß es ihm lästig ist, u. möchte ihn wahrlich nicht quälen! – Aber es wäre jammerschade wenn er nicht gern wollte. Er interressirt mich ganz ungemein! – das ist ihm wohl leider auch unangenehm, daß er die Paar Personen nicht kennt, die bei mir sind; es sind genau dieselben wie neulich, und hoffentlich wieder ohne jede Steifheit, nur ganz der schönen Kunst hingegeben! das wird eine Wonne sein! Darf ich Morgen früh nach 12 Uhr einen Moment bei Ihnen sein? Mit innigster Dankbarkeit, die Ihrige,
Anna
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