Rumpenheim d. 20 Juni 66.
Liebste Frau Schumann!
Mit innigem Dankgefühl richte ich diese Zeilen an Sie, möchten sie Ihnen ausdrücken wie groß meine Freude ist, nun durch Ihre Güte die beiden kostbaren Blätter zu besitzen welche ich mir lange gewünscht; zu lieb u. gut war es von Ihnen, mir die 2 Unterschriften zu verschaffen, besonders an die der Jenny Lind hatte ich kaum zu hoffen gewagt; theure Frau Schumann, haben Sie noch ein Mal den wärmsten, beßten Dank. Es ist mir so werth, die Blätter nun grade Ihnen, Ihrer liebenswürdigen, gütigen Vermittelung zu verdanken, u. mit besonderer Freude habe ich sie meinem Album einverleibt. – So bald von Ihnen scheiden zu müßen ist mir sehr arg u. betrübend gewesen zumal da Hoffnung auf ein herbstliches Wiedersehen doch noch recht fern liegt, u. kein Mensch wohl weniger Pläne machen kann als in der trüben Gegenwart, wo die ganze Geschichte unseres gemeinsam deutschen Vaterlands sich verfinstern zu sollen scheint. Etliche Wochen bleiben wir voraussichtlich hier, denen man nur wünschen kann, daß sie nicht das gräßliche Aussehen gewinnen, welches ihnen eine durch die Zeichen der Zeit erregte Phantasie geben könnte. –
Der Prinz war kürzlich in Berlin, wohin ihn der König zu mündlicher Unterredung berief, aber sie führte zu nichts, u. der Minister machte so unehrenhafte Anerbieten daß meinem Mann nur übrig blieb sie abzuweisen; u. sich dann von meinem Onkel, Vater, Bruder, etc etc zu trennen mit dem Bewußtsein Jeder thue seine Pflicht; nun sind die Würfel gefallen, in Kaßel gab der Kurfürst dem Prinzen den Oberbefehl über die kurheß. Truppen, u. stündlich steht der feindliche Zusammenstoß zwischen Preußen, u. Hessen nebst dem gesammten Süddeutschl., zu erwarten; Louise v. Baden u. meine Wenigkeit befinden uns in gleicher Lage, d. h. unser Herz ist zerrißen u. Sie begreifen daß ich nichts weiter schreiben kann. Nur noch Ein Mal füge ich den wiederholten aufrichtigen Dank von dem ich erfüllt bin liebe gute Fr. Schumann hinzu u. bitte um Ihr freundliches Gedenken, in Freud’ u. Leid; herzlichst die Ihrige
Anna
Frl. Steuber erwiedert Ihren Gruß u. erholt sich allmälig; sie hat Elise begegnet, die ich noch garnicht leider sehen konnte. Grüssen Sie doch Ihre lieben Töchter von mir.
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