Philipsruh Dienstag 27 Mai 84.
Liebste Frau Schumann
Allerinnigst danke ich Ihnen für Ihr liebes Telegramm!
Sie wissen, was es heißt, eine theure Tochter zu vermählen, – die nun lieben, und auch wohl leiden lernt, – Beides jedenfalls unzertrennlich, u. das Sicherste auf dieser Erde.
– Nun habe ich noch eine große, herzliche Bitte an Sie; liebste Frau Schumann!
Würden Sie mir wohl die unendliche Freude gewähren, mit einer Ihrer lieben Töchter morgen Mittag hierher zu kommen? und uns ein wenig vorzuspielen? – Meine Schwägerin die Königin, deren Töchter: die Kaiserin, u. Prßin von Wales, ferner unsere Anhalter, Oldenburger, Niederländischen, etc, etc, Verwandten, bitten mit mir so inständigst u. herzlich, Sie etwas hören zu dürfen. Unsere Nichte, die Herzogin Helene v. Meklenburg-Strelitz, würde uns dazwischen mit ihrer schönen, künstlerisch geschulten Stimme etwas vortragen, ja, sie verhieß sogar, den ganzen Liedercyclus „Dichterliebe“ uns zu singen, u. Rubinstein sagte, sie singe so gut die Compositionen Ihres Mannes! Auch würde ich den Geiger Wilhelmi auffordern, etwas uns zu Gehör zu bringen. Meine Angehörigen bitten, es möge in der Nachmittagszeit sein, – und zwar von halb drei Uhr bis gegen halb fünf Uhr. Dürfte ich Sie, falls es Ihnen, (wie ich sehnlich hoffe,) überhaupt genehm, – freundlichst sonach ersuchen, morgen (Mitwoch den 28sten) um Ein Uhr 25 Frankfurt zu verlassen, per Ludwigsbahn (Hanauer Bahnhof) – dann sind Sie Ein Uhr 56 hier in Hanau, u. unser Wagen erwartet Sie auf hiesigem Westbahnhofe. – Sie hätten somit Zeit, sich noch eine halbe Stunde hier zu ruhen, u. zu erfrischen. –
Indem ich Sie nun sehr bitte, dem harrenden Boten gleich die geneigte Antwort für mich geben zu wollen, bin u. bleibe ich theure Frau Schumann Ihre getreue
Anna
Toilette natürlich so wie stets, hoch, oder halbhoch, ganz ad libitum. Wünschen Sie zunächst, hier zu frühstücken? oder hernach, hier zu speisen? bitte auch hierauf gütigen Bescheid.