Panker 9 Juni 1885
Theure Frau Schumann!
Letzte Woche, als ich hierher zu reisen im Begriffe war, hielt ich mich vor meiner Abfahrt eine Stunde in Frankfurt auf, u. vernahm zu meinem innigsten Leidwesen, daß Sie einen Unfall mit Ihrer rechten Hand gehabt – Nun würde ich einer Ihrer lieben Töchter so dankbar für irgendwelche gütige Benachrichtigung, wie dies geschah, u. wie es Ihnen jetzt seitdem ergehen mag sein – und wage deßhalb, um Mittheilung recht herzlich zu bitten! – Hoffentlich fielen Sie nicht auf den kranken Arm, welcher Sie schon so viel geplagt u. geschmerzt hat, – und stellen sich baldigst wieder her, aus voller Seele wünsche ichs, um einen angenehmen Sommeraufenthalt demnächst zu wählen u. der Ihnen so sehr nothwendigen Erholung in schöner Luft zu genießen! –
Hier in Panker ists jetzt köstlich, obwohl tiefe Wehmuth der Vergangenheit alles umflort – doch die Natur beschwichtigt; Fliederbüsche, Maiglöckchen, Rothdorn, Goldregen, Schneeball, die weiter südwärts längst abgeblüht, stehen hier üppigst entfaltet, so daß uns ein zweiter Frühling prangt.
Vielleicht kommt im Laufe des Sommers auch meine geliebte Tochter, die Erbprinzeßin, mit den Ihrigen noch zu mir her; doch ists unbestimmt.
Wie froh wäre ich, Ihre Beßerung vernehmen zu können! Herz und Denken ist bei Ihnen liebste Frau Schumann immerdar. In treuester Anhänglichkeit die Ihrige
Anna.
Was macht Elise? Wann u. wie hat sie das Ereigniß überstanden? Möge es all’ Ihren Lieben nach Wunsch ergehen.
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