Werthgeschätztes Fräulein!
(Eigentlich, – tief melankolisch freundliche Musik!)
(Da haben Sie außer der kaiserlichen noch eine andere Würde, in der ich Sie noch viel lieber und aus vollem Herzen grüße.)
Nicht wahr, es fährt sich ganz gut im Dampfboot? – Mögen Sie nur ebenso sanft und bequem nach Bremen gekommen seyn, als nach Harburg.
Ich habe die nöthigen Einleitungen zu der besprochenen Soirée besorgt und zu dem Ende Subscriptions Bogen in Umlauf gesetzt an deren günstiges Resultat ich keinen Augenblick zweifle. Der Abend der Soirée ist nach reiflicher Ueberlegung mit Anderen auf Dienstag den 25sten Februar Abends 7 1/2 Uhr angesetzt, – hoffentlich sehe ich Sie schon am Freitag wieder, da doch Mancherlei zu besorgen und zu verabreden seyn wird.
Eigentlich bin ich ein rechter Philister, |2| ich mögte aufseufzen über die mir durch Sie gewordene Frische und Freudigkeit; es ist mir wie ein Feierkleid, da drückt mich nun mein Alltagsrock überall, ich bin wie hineingeprügelt, sollte mich doch endlich drann gewöhnt haben! – So ein Stundenrock ist wie Eulenfittig, man ist geblendet für den hellen Tag, man vegetirt nur in Dämmerung und Nacht. – Ich werde oben dem lieben Gott mein Stundenregister mit seinem Geldeinband hinhalten, vielleicht visirt er mir es als Paß ins Land der ewigen Harmonie! –
Es ist so eigen, Musik ist eigentlich wie ein fernes Glück, indem wir sie hören, liegt sie schon hinter uns wie eine seelige Vergangenheit, sie existirt nur in der Rückerinnerung, so aber ist sie wie das Wachsen sokratischer Schwingen, sie macht Schmerzen! – In jedem Schmerz liegt aber ein Gott begraben, der nach ewigen Urgesetzen vom Ruf der Musik aufwacht als sey es Auferstehungsmorgen. – Immer, immer treibt ihn die Alltagswelt ins wohlbekannte Grab zurück! – Wann werden die Schwingen ganz entfaltet seyn?
|3| Eigentlich ist’s Unsinn was ich schreibe, aber Ihres Schummans [sic] Kinderszenen verlocken mich dazu, sie sind wie helle Engelstimmen, die dem verbannten Gott locken, zur ewigen Heimath! – sie sind mir wie der Trost eines Schutzgeistes, wenns Einem zu viel wird, sie klingen wie seine Bitte treu zu bleiben, – es wäre doch Alles Wahrheit, die Nacht würde schon schwinden. –
Musik ist eigentlich das Einläuten des Schöpfungsmorgens, sie ist der Vorton des Bewußtseyns von dem nach Gottes Ebendbild Geschaffenseyns! Ohne sie wäre die Schöpfung das Gebäude eines trocknen Philosofen, sie ist der Pulsschlag der Natur, in ihr fühlt man das Leben derselben. –
Wohin gerathe ich aber,? – ich will aufhören, des Unsinns wird sonst kein Ende!
Addio, auf Wiedersehen!
Grüßen Sie recht herzlich Ihre liebe Mutter, vergessen Sie auch nicht meinen Gruß an Ihren Schumman? –
Hochachtungsvoll
Theodor Avé Lallemant.
den 18t Febr 1840.
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