23.01.2024

Briefe



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ID: 17999
Geschrieben am: Donnerstag 13.12.1883
 

Düsseldf 13 Dcbr. 1883
Liebe Freundin!
Sie haben beim letzten Abschied von hier zwar gewünscht, dß wir uns gegenseitige Worte des Dankes nicht mehr gestatten sollen und ich habe, natürlich, mich schmeichelhaft berührt gefunden, indem Sie meine Leistungen den Ihrigen al pari stellten u habe mir vorgenommen Ihnen nie wieder dankbar zu sein. Nun haben wir aber Ihren in Blumen, Früchten u edlem Metall wie ein Veilchen, versteckten Käse näher kennen gelernt und da bricht der Knebel u. das Papageno-Schloß von meinen Lippen und ich muß danken u loben. Loben freilich vor Allem den Käse, den wir Beide, Lida u ich, nie in solcher Vortrefflichkeit aus Holland erhalten zu haben uns erinnern können. Ich bin noch nicht einig mit mir, ob er lyrische, epische, oder dramatische Poesie enthält. Es wird sich mit der Zeit finden. Jedenfalls sind unsere Herzen voll Dank für solche Gaben! Sonst habe ich nicht viel zu berichten, seitdem wir die Freude hatten, Sie u Marie bei uns zu sehen – das Interessanteste wird sein, dß wir Alle wohl sind u auch von unseren fernen Kindern gute Nachrichten haben; auch bei Felixs Töchterchen geht’s gut und Rudolf ist befriedigend, so weit.
Von Ihrer Kunst habe ich inzwischen die weiße Dame gesehen u zwar mit dem kleinen Vergnügen den langen Eduard Euler zum ersten Mal ins Theater zu führen. Das Stück ist ganz geeignet dazu, wenn mir auch ein gutes Drama namentlich Schillers Tell lieber gewesen wäre. Der alte Wachtel sang den George Br. u wenn mir auch schien, dß er nicht in allen Registern noch ausreicht (ich hatte ihn nie gehört) so klang seine Stimme doch größtentheils noch herrlich, niederschmetternd die krächzenden Piepvögel neben ihm. Ich hatte die Oper seit undenklicher Zeit nicht gesehen (Ich denke zuletzt mit Tichatscheck?) und da entzückte mich Vieles sehr, namentlich der Anfang des 3t Aktes. Aber so gediegen wie unsere guten deutschen Opern schien sie mir doch nicht. Selbst eine echt französische ziemlich frivole Auffassung glaubte ich zu finden. Von unsrer Kunst hätte ich unendlich viel zu schreiben, wenn ich Alles aufzählen wollte was augenblickl. hier zur Schau geboten wird. Unter anderem die ganze Ausstellung Pariser Kupferstecher, welche auf der letzten Wiener Weltausstellung waren. Ich habe Fr Matthes für ihre Tochter angefangen zu zeichnen u vollende sie heute. Dann soll sie zu Weihnachten nach Königsberg. Lida läßt für Ihre Karte bestens danken, das Wetter war scheußlich bis heute, so dß Frl Leser wenig herauskam, aber sie ist wohl.
Und somit mit den besten Grüßen von Lida u mir an Sie u Ihre Kinder u Kindeskinder
Ihr
ganz ergebner u getreuer
E Bendemann

  Absender: Bendemann, Eduard (174)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  SBE: II.6, S. 310ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 4,266
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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