23.01.2024

Briefe



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ID: 18296
Geschrieben am: Sonntag 08.02.1891
 

Utrecht 8. 2. 91.
Liebe u. verehrte Frau Schumann!
Es wird Riemsdyks eine große Freude sein, Frl. Wietrowetz bei sich zu beherbergen. Wir selbst würden es so gern thun. Ich wage es aber einstweilen nicht. Emma schrieb Ihnen wohl schon, daß ich wieder arg geplagt werde, so arg, daß der Gedanke an ein Aufgeben meiner Stellung immer wieder |2| wie ein Gespenst auftaucht. Ich hoffe es wird nur eine vorbeigehende Periode sein – der Winter war ja überhaupt so bösartig! Im Ganzen war ja im verflossenen Jahr ein sehr großer Fortschritt gegen früher unverkennbar. Äußerste Schonung bleibt aber doch vorläufig Pflicht. Es kommt dazu, daß Frl. W.’s Concert in die Tage fällt, auf die sich Prinz Reuß schon im Herbst angemeldet hat, der in Haag u. Rotterdam dirigirt. Er hat schon öfter bei uns gewohnt u. ist ein so anspruchsloser, bescheidener Gast, daß ich ihm nicht abschreiben möchte. Emma, |3| die eben von einer tüchtigen Erkeltung wieder hergestellt ist, wird gewiß Alles thun um Frl. W. auch ihrerseits den Aufenthalt in Utr. angenehm zu machen, besonders auch in musikalischer Beziehung. Sie wird jetzt wohl fleißiger üben müssen, da sie im März mit Prof. Joachim eine Kammermusik zum Besten unseres neuen Augenkrankenhauses zu geben beabsichtigt. Ich glaube noch nicht recht daran, da ich ihre Angst kenne! – Wie gern wir Ihrer freundlichen Aufforderung für den Sommer nachkommen möchten, brauche ich Ihnen nicht zu versichern. Aber wenn man noch alte |4| Eltern hat, die man nur in den Ferien sehen kann, dann ist es schwer feste Zusagen zu geben. Vielleicht lässt sichs aber doch so einrichten, daß wir wenigstens auf einige Tage uns auf dem Obersalzberg einquartieren. Es verlangt mich sehr nach den Bergen! Und doppelt gerade nach jener schönen Ecke, da wir Ihnen das Opfer eines Besuchs in Utrecht – wo wir Sie freilich jetzt besser aufnehmen könnten – doch nicht zumuthen können. Oder wäre eine Hoffnung auch hierauf unter Umständen nicht ganz aussichtslos? Nehmen Sie einstweilen mit unserem Conterfeis fürlieb, dies nicht so schlimm meinen wie sie aussehen!
Mit herzlichsten Grüßen an die Ihrigen in treuer Verehrung
Ihr ThW Engelmann

  Absender: Engelmann, Theodor Wilhelm (423)
  Absendeort: Utrecht
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 13
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit den Familien Verhulst, Kufferath/Speyer und Engelmann sowie anderen Korrespondenten in Belgien und den Niederlanden / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Eva Katharina Klein, Anselm Eber und Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2024
ISBN: 978-3-86846-024-7
706ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 6,56
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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