23.01.2024

Briefe



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ID: 18966
Geschrieben am: Samstag 24.12.1887
 

Berlin d 24t Decbr 87
Geliebte innig verehrte Freundin!
Einen Festgruß wenigstens möchte ich Ihrer liebenden Teilnahme1 senden, den ich nun Gottlob eigenhändig aussprechen darf. Ich bin wieder quasi gesund, lebe aber ein stilles schwaches Leben hinter dem warmen Ofen, u sehe u höre nur, was mir mein Mann was treue Freunde mir in’s Haus bringen, das ist gegenwärtig meine Welt. Man lernt sich bescheiden, u ich danke Gott auch dafür. Daß ich aber auch den lieben Joachim nicht hören kann, schmerzt mich. Neulich war eine Clavierspielerin Namens Kleeberg hier, die recht gefiel, da erzählte man mir sie benahm sich wie die Frau Clara Schumann, so einfach ohne jeden Schein, u so recht innerlich hingegeben; da traten mir die Thränen in die Augen vor Sehnsucht u Liebe, u sind Sie nur erst hier dann hoffe ich so viele Kraft gesammelt zu haben um Ihr Concert besuchen zu dürfen, u wenn es mir nicht vergönnt sein sollte, so werde ich Sie doch sehen! Trotz der vielen Concerte die hier statt gefunden, freut man sich auf Frau Clara Schumann ganz ungemein; die ganze Erscheinung ist dem Volke der Innbegriff [sic] von seelischer Musik, u Sympathie u gebe Gott nur daß Sie gesund u weniger bekümmert sein möchten wie die letzten Nachrichten es leider besonders über Ihren Herrn Sohn Ferdinand gewesen. Ich frage nicht wo ist seine Frau u Kinder, aber ich muß oft daran denken, ob auch diese Ihrer Sorge anheimgegeben. Sie haben liebe Freundin im Leben so oft die Heimsuchung des Schicksals muthig u würdig zu tragen u zu beherrschen gewußt, daß ich hoffe Sie werden auch diesen Kummer endlich glücklich besiegen, u noch Freude an dem Sohn erleben. Treten Sie in schweren Minuten an’s Clavier, u hören Sie sich spielen! sehen Sie zugleich sich von den Perlen Ihrer Töchter umgeben, u danken Sie Gott für seine Gnade! Gewinnt dieser Ausspruch Ihnen ein Lächeln ab, es soll mir lieb sein, die Wahrheit werden Sie schon herausfühlen. So leben Sie von Herzen mit Ihren Herzenstöchtern wohl! Genießen Sie ein glückliches gesundes Fest ohne jeden Rheumatismus und beglückken Sie uns bald mit Ihrem sehnsüchtig erwarteten Besuch.
In treuer Liebe Ihre
Sarah Lazarus

  Absender: Lazarus, Sarah (918)
  Absendeort: Berlin
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 18
Briefwechsel Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1856 bis 1896 / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Eva Katharina Klein und Thomas Synofzik / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-055-1
316f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 5,126
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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