23.01.2024

Briefe



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ID: 19291
Geschrieben am: Samstag 06.07.1878
 

Hochverehrte Frau!

Mein kleiner Ausflug in den schweizerischen Jura hatte sich um einige Tage verlängert, und so kam ich erst am 30. Juni hieher zurück, wo ich erfuhr, daß Sie schon wieder abgereist seien, was mir dann natürlich sehr leid that. Gerne will ich hoffen, daß Sie sich dort verhältnißmäßig gut befinden, und sende Ihnen meine besten Wünsche für Ihr Wohlergehen. Um nun die angeregte Frage gleich zu beantworten, mache ich Sie darauf aufmerksam, daß alle Eleven des Conservatoriums – auch die Hospitanten, welche nur jahrsweise bei uns bleiben – den nämlichen Bestimmungen unterworfen sind. So werden denn auch Ihre Eleven, hochverehrte Frau, diese Bestimmungen, ohne welche eine das Ganze zusammenhaltende Disciplin nicht denkbar ist, beobachten. Wenn ich demnach darauf halten muß, daß die betreffenden Zögliche in allen Hilfsfächern, wie auch im Ensemblespiel, auf normale Weise geprüft werden, wäre es auch nur, damit man sich über den Ausgangspunkt für die fernerweite Ausbildung derselben verständigte, so bin ich anderseits gerne bereit, Ihnen, Hochverehrte Frau, jede Erleichterung zu gewähren, welche Sie für Ihre persönlichen Verhältnisse nur immer verlangen wollen. Die Prüfung soll, wenn Sie es wünschen, in Ihrer Wohnung stattfinden, und werde ich es so einrichten können, daß die betreffenden Fach-Lehrer zu einer von Ihnen selbst zu bestimmenden Zeit bei Ihnen erscheinen, um die Prüfung in andern Fächern (Ensemblespiel, Harmonie u. s. w.) mit den betreffenden Zöglingen in Ihrer Gegenwart vorzunehmen. Eine Prüfung im Solo-Klavierspiel dagegen will ich denjenigen Zöglingen, welche Sie Ihres Unterrichts würdig halten, erlassen.
V.
Indem ich hoffe, daß durch dieses Verfahren Ihre Bedenken völlig gehoben sind, bitte ich Sie, mir gütigst Mittheilung zu machen, ob Sie derselben Ansicht sind, oder nicht. Denn vom aufrichtigsten Streben meinerseits, Ihnen Alles so bequem wie möglich zu gestalten, sollen Sie überzeugt sein.
Meine Frau und ich danken für Ihre freundlichen Grüße und erwiedern Dieselben von Herzen. Sehr werden wir uns freuen, wenn wir Sie im September hier begrüßen können.
Ihr
ganz ergebener
Joachim Raff

Frankfurt a/m, 6. Juli 1878.

  Absender: Raff, Joseph Joachim (1222)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 16
Robert und Clara Schumanns mit Bernhard Scholz und anderen Korrespondenten in Frankfurt am Main / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller und Anselm Eber / Dohr / Erschienen: 2020
ISBN: 978-3-86846-027-8
865ff

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 3,275
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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