Hamburg. 5 October 1865.
Verehrte Frau Schumann,
Ich glaube Ihnen Freude zu machen wenn ich meinen paar Zeilen Damrosch’s Brief beifüge u bitte Sie mir nur ihn bei nächster Gelegenheit zurück zu senden. Schon lange haben wir hier kein Concert von Mozart gehört u. bitten Sie sehr uns eines zu spielen. Das Programm würden wir mit Beethoven’s Coriolan beginnen. Dann käme Mozart’s Concert, Herr De Vroye oder eine Sängerin, dann Clavier Vorträge u. zum Schluß Schumann, Es dur Symphonie auf die ich mich nicht wenig freue. Wir müßen aber dies Jahr mit drei Proben fertig werden wovon die dritte wie Sie wißen öffentlich ist. Ich werde aber mein Möglichstes thun Ihnen das große Werk würdig vorzuführen. Elias ist glücklich vom Stapel gelaufen. Die Mittel zur Aufführung waren wackere. Wäre der Herr Dirigent nur ein besserer Musikant. Von keinem Solostück wußte der Mann das Tempo u. Ouvertüre u. mehrere Chöre namentlich „Der Herr ging vorüber“ wurden ganz vergriffen. Gestern konnte die Michel wegen Heiserkeit u. Ostwind in der Probe der Messe nicht singen. Joachim geigte den Sopran, aber auch sein Bogen vermochte es nicht Otten in Gang zu bringen. Chor u. Orchester sind sicher. – man fühlt, nein man hört (denn hören ist noch besser als fühlen in musikalischen Dingen,) daß sie das Werk nun genügend kennen, aber der Hannover 1ste Director mußte den Stab nehmen u. die Heerschar anführen. Es gäbe eine prächtige Aufführung! Heute Nachmittag ist Hauptprobe u. alles freut sich noch u. abermals das herrliche Werk zu hören. Ich wollte Sie wären dabei. Mit einer Partitur in der Hand läßt es sich in diesem Falle besser zuhören und die meine stünde Ihnen zur Verfügung. Und nun eine Lebensfrage für unser erstes Academie Concert. Wen halten Sie am geeignetsten in Deutschland die Peri zu singen? Die Lind ist allerdings auch auf deutschem Boden,(<an>in Ems) aber ich meine ausser ihr? Die Michel singt kalt wie ein schwedischer Eisklotz. Ist die Milde befähigt, die Harries Wippern die Stern mir so sehr empfohlen hat Frl. Titjens hatte zugesagt u. da sie 4 Wochen hier sein wird hatte ich mich gefreut oft am Clavier mit ihr die Partie <zu> durchspielen, aber nun giebt es Schwierigkeiten mit dem Theater Director Herrmann u es wird nichts werden. S‘ ist vielleicht kein grosses Unglück! Warten wir nicht lieber bis im Frühjahr wo dann die Joachim die herrliche Alt Partie singen kann? Doch um die Antwort der ersten Frage bitte ich zuerst. Die Peri bleibt die Hauptperson. Adieu! Hier kommen die
Schülerinnen der Gesangschule
Mit den besten Grüßen grüßend
Ihr
J. Stockhausen.
Bitte grüßen Sie auch die Ihrigen von uns beiden, so wie auch
Brahms.
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