23.01.2024

Briefe



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ID: 19519
Geschrieben am: Freitag 27.09.1867
 

Hamburg 27. Sept. 67

Liebe Frau Schumann,
Es freut mich das alles so gut ausfällt. Bei Wörmer ist auch der Preis der Miethe für 4 Abende in Ordnung. Er erhält 500 Mark, etwas über 40 Thaler per Abend. Es ist wohl nicht zu viel! Auch mit dem Clavier hat es seine Richtigkeit. Mein Schwager Meyer sagte mir jede Waare zehle 1/2%. Also 10 Mark für 2000. Schlagen |2| wir Ihren Flügel zu 1500 an, so ergibt es 3 Thaler für 4 Wochen. So viel kann die Concertkaße für einen schönen Erard auslegen. Meinen Flügel hab' ich reparieren lassen. Ich erwarte täglich die Mechanik. Sollte es also Schwierigkeiten machen einen neuen herzuschaffen steht eine reparierte Mechanik zu Diensten. Auch der Vorigjährige ist noch gut. Also zwei! Besser ist's aber für Sie & Erard's wenn das Instrument in seiner jugendlichen Frische hier auftritt. Was das Programm anbelangt |3| so möchte ich galant seyn, wie auch hier alle. Erstens sing ich mit einer Dame, zweitens erachte ich Musik mit Text der Gattung nach schließlich als untergeordnet ein im Vergleich zur Instrumentalmusik, obwohl Schumann'sche Lieder gewiß ebenso vollendet in ihrer Art sind wie irgendein Musikstück. Dazu rechne ich auch die Winterreise & den Liederkreis von Beethoven. Aber man muß auch Volkslieder bringen, auch französische Concertstücke oder italienische, der Abwechslung wegen & die treten doch nur im Werth als zweite Gattung auf. Also sprechen Sie Ihre Instrumentalwünsche aus wenn's beliebt; ich werde mich ausschweigen. Ein Sänger, der sich in so vielerlei Gefühlsausdrücke sich schicken muß |4| kann da viel eher als die durch die allgemeine musikalische Sprache zu sprechen gewohnten Instrumantalisten. Fangen Sie mit einem Trio von Schumann an so antworte ich Liedern von Meister Beethoven, & spielen Sie als Mittelstück Kleineres, Leichteres, kann ich eine Cavatine von Boildieu oder eine von Nicolo, von Rossini, von sonst einem ini bringen, wenn er anständig schreibt. Welche Chorstücke hätten Sie gerne gehört? Frauenchöre würden sehr hübsch passen, & da hat Schumann wohl das Schönste geliefert. Bringen Sie ein Trio von Beethoven, so antworte ich: "Die Hütte, Die Birke!" "Birke, Birke, des Waldes Zier." Abwechslung muß seyn & Ernstes soll sich nicht auf Ernstes häufen. Wenn's nur schön ist! also bitte geben sie mir Ihre Wünsche. Ich unterbreite Ihnen dann das gesamte Programm.
Clärchen, Bubi & Gretchen grüßen nicht minder freundlichst denn

Ihr Sänger
J. Stockhausen

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
687 - 690

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,221
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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