Rehme 2. Sept. / 69.
Liebe Frau Schumann,
Die Nachricht der Verlobung Ihrer Tochter Julie hat uns herzlich gefreut, denn sie beweist uns daß Ihr liebes Kind wieder gesund ist. Waren doch alle Ihre Freunde besorgt um diese! Wir hätten es Ihnen früher schon gesagt wenn nicht die Anzeige der Verlobung in Hamburg liegen geblieben wäre. Die Briefe |2| schickte man uns nach, die übrigen Sendungen ließ die Einhüterin liegen. Unser Kindermädchen war aber auf einige Tage nach Hause gereist um von den Ihrigen Abschied zu nehmen und so kam auch die Nachricht uns zu. Gleichzeitig erhalte ich einen Brief von Herrn Riggenbach der mir Ihre Freude über das Ereignis mittheilt. Bitte gratulieren Sie der glücklichen Braut von uns |3| beiden recht herzlich. Daß wir in Berlin eine Wohnung haben & dennoch wahrscheinlich nicht hingehen wissen wohl durch Joachim schon denn er war wie mir Herr Keller schrieb, unlängst in Baden. Die Unterhandlungen mit dem Ministerium haben ein schlechtes Ende genommen. Mündliche Versprechungen auf alle Wünsche hin hatten uns bewegt die hübsche Wohnung in der Linden Allee zu nehmen. Wir freuten uns auf ein gemeinsames Leben mit Joachims. Schriftlich habe ich leider nur Hoffnungen|4| zu lesen bekommen, und dazu die Weigerung eigene Concerte in Berlin zu geben. Wir haben einen Sommer durch gebracht wie noch keinen. Aufregung über Aufregung & verdanken das Alles der voreiligen, für Muik begeisterten Frau Adelheid v. Mühler. Sie hat linde gesagt, gewißenlos gehandelt. Man macht doch mit diesen Herrschaften immer trübe Erfahrungen! Anfang October werde ich in Baden singen & theile Ihnen Alles schriftlich mit. Wohin wir ziehen wissen wir noch nicht. Wir freuen uns aber daß die Gesundheit und die Umstände uns bald in Ihre Nähe bringen & hoffen Sie wohl & munter zu finden.
Ihr J. Stockhausen
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