23.01.2024

Briefe



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ID: 19533
Geschrieben am: Mittwoch 14.01.1863
 

Colmar 14 Januar 1863.

Liebe Frau Schumann,
Diese Welt ist ein wunderbares Gemisch von Glück und Elend! Ich freute mich es Ihnen Heute Morgen lauter freudige Nachrichten zu geben und nun muß ich eine betrübte beifügen. Blühend ist Frl. Julie, munter rosig, zufrieden & fleissig; Musiker & Publicum freuen sich & jubeln daß der Elsass musikalisch erobert wird, der schöne Flügel ist bereits angekauft & Schlumberger's Eigenthum geworden, und gestern kommt auf einmal die trau- |2| rige Nachricht daß in Wesserling Mad. Gros so krank liegt am Scharlachfieber & einige Stunden später hiess es, sie sei nicht mehr. Ich weiß wie lieb Sie Frl. Schlumberger haben, liebe Freundin & drum will ich es nicht unterlassen diese Nachricht allem Erfreulichen beizufügen. Welch ein Verlust das für die Schwester ist, ist kaum berechenbar. Mad. Gros war die einzige Stütze, die einzige in der Familie der Sie volles Zutrauen schenkte, & sie waren wirklich zärtlich zusammen! Und die drei Kinder! Die Zurückgeblie-|3| benen sind doch alle übel dran! Ob Fr. S. in Guebwiller od. Wesserling weiss man nicht. Sie reiste Freitag den 9 hin, blieb Samstag & Sonntag schrieb mir am 11 die Schwester sei krank, sprach nicht von Gefahr & wollte am Sonntag Abend nach G. zurückreisen. Vielleicht hat sie die beiden jungen Mädchen Marguerite & Loulou mit nach G. genommen. Am Ende haben die Kinder die Mutter nicht mehr gesehen. Ich reise heute nach Thann[?] zu meinem Bruder. Morgen ist die ........[?]. Es wird ein jammervoller Tag werden. Frl. Julie war nicht mit in Wesserling denn schon am Freitag hiess es Frl. L.....[?] die Gouvernante habe das Scharlachfieber. Von der armen hat es Frau Gros bekommen! Die unglückliche! |4| Sie ist wieder außer Gefahr & die Mutter liegt eine Leiche im Hause!
Nun zum Schluss eine etwas bessere Nachricht. Unsere talentvollen jungen Musiker haben die Kammermusikmatinéen angekündigt & eine bereits gegeben. Die Unterschriften belaufen sich auf 1750 franken, wovon 1400[?] übrig bleiben. Es ist ein sehr guter Anfang & die 200 Zuhörer sind ganz entzückt über das Zusammenspiel. Hegans Geige klingt ganz prachtvoll & Lübeck macht mit den Noten Furore; er spielt am 5 Februar in Leipzig. Die 3te Matiné (Sonntag v. 2 - 4) findet am 25 statt und da ich in jeder 2 mal singe muss ich einhalten & habe bereits nach Hannover geschrieben. Oben der Grund warum ich nicht früher geschrieben, liebe Frau Schumann! Ich habe Sie so lieb daß ich eigentlich gar nicht zu brauchte.

|2 - am oberen Briefrand kopfstehend|: Von Ihrer Tochter ist wirklich nur Erfreuliches zu melden. Ihr Charakter ist weniger schroff & sie lisse sich manches gefallen was zu ihrem Nutzen seyn kann. Sie ist der Liebling vieler!

|3 - am oberen Briefrand kopfstehend|: Mit der Gesundheit geht es Frl. Julie sehr gut; ich hör sie nie husten. Der Arzt sagt es sey nur nervös. -

|4 - am rechten Briefrand von unten nach oben|: nicht lesbar, da der Briefrand geknickt

|1 - am linken Briefrand von unten nach oben bis oberen Briefrand von links nach rechts|: Nachträglich mit meinem Glückwunsch zum neuen Jahre & zum Auszug in unsere Nähe! Adieu, & schreiben Sie mir wenn Sie Musse haben.
Ihr ergebener Freund J. Stckh.

|1 - am rechten Briefrand von unten nach oben|: Am 30 bin ich in Hannover.

  Absender: Stockhausen, Julius (1547)
  Absendeort: Kolmar
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
578 - 581

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus. Nachl. K. Schumann 2,62
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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