Frankfurt 22 At. 1838
Meine liebste Clärchen,
Es ist mir als ob ich seit einem Jahrhundert Sie nicht gesehen hätte. Da ich keine Nachrichten von Ihnen erhalten habe, so muß ich selbst schreiben um die Ursache davon zu fragen. Ich hoffe daß Sie in guter Gesundheit sind und Ihre alte Freunden nicht vergeßen haben. Wenn Sie an mich so viel gedacht als ich an Sie, <so> bin ich zufrieden. Was haben Sie schönes gethan seitdem wir uns gesehen? haben Sie viel componirt? ja? nun, daß freut mich. Sie werden mir Ihre neue compositionen in Brüssel bald hören laßen, nicht wahr? Ich habe Ihre Ankunft in des Herrn Fetis musikalische Zeitung melden laßen. man ist sehr neugierig Sie |2| zu hören. In allen unseren Briefen nimmt die böse Clärchen den schönsten Raum. selbst unser Clavier ist so ungeduldig, Ihre Finger zu fühlen, daß, wenn Sie <noch> Ihre Ankunft noch versäumen, so wird es seinen Platz bei der Fahrpost bezahlen und auf eignen Unkosten die Reise nach Leipzig machen. Ihr Herz würde doch nicht so böse, um <ihm> es die Füßchen risquiren zu laßen – – Ach Clärchen mein, komm ja recht bald! Sie sehen daß wir haben noch keine große Reise gemacht. Seitdem wir Leipzig verlaßen sind wir nur in Weimar gewesen. – Da haben wir bei der Großherzogin gespielt und gesungen und haben am Ende der Soirée sehr hübsche Geschenke bekommen – Carl ein sehr schöner Ring, und ich zwei dicke Boules italiennes im Haar<> zu stecken. |3| Freitag haben wir ein sehr schönes Conzert hier in Frankfurt gegeben, gestern in Wiesbaden, und diesen Abend ein zweites hier. Sie sehen wir verlieren keine Zeit. Ach ich muß Ihnen was sagen daß Ihnen gefallen wird. Gestern in Wiesbaden haben wir den berühmten Meyerbeer gesehen, welcher von Schwalbach gekommen war mich zu hören – Er war ungeheuer zufrieden, er will durchaus eine Oper für mich componiren [und] sagte er wäre ganz gewiß [daß] die Rolle die er für mich plante die beste von allen sey die er noch componirt hatte – nicht wahr <daß> es ist gut? Jetzt seh ich erst daß mir kein Platz mehr bleibt – Adieu liebstes Kind denke mein wie ich Dein denke – meine freundschaftichsten Empfehlungen zum Vater und – ..... Freunden. Vergeßen Sie nicht die gute Frau von Berg. Adieu – nein, auf Wiedersehen –
Pauline Garcia
Schreiben Sie mir bald und schicken Sie Ihr ersehnten Brief nach Brüssel. Ich hoffe Sie werden gute Nachrichten von Leipzig und seine Bewohner geben. Die Mutter und der Carl schicken
|4| An
Fräulein C. Wieck
Leipzig
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