Frkf. 24. Sept. 1891.
Liebstes Lisl,
Drei so reizende Briefe habe ich nun von Ihnen und noch keinen beantwortet! Ich bin aber sehr leidend hierher zurückgekehrt – Kussmaul konstatiert einen höchst angegriffenen Nervenzustand; wahrscheinlich Folge der Franzensbader Bäder und der schlechten, feuchten Witterung; dazu die vielen Gemütsbewegungen! Ich bedarf der größten Ruhe und Schonung. Denken Sie sich den Zustand, daß ich seit dem dritten September fortwährend Tag und Nacht eine fürchterliche, unreine Orchestermusik höre, die bis jetzt nur einige Male stundenweise unterbrochen war. Die letzten drei Tage aber keine Sekunde aufhörte; dazwischen dröhnen immer die tiefsten Orgeltöne, und mein ganzer Körper ist dadurch furchtbar angegriffen. Natürlich ist an Stunden geben nicht zu denken. Bedauern Sie mich und die armen Kinder, die gar schwere Sorge jetzt tragen, da ich ganz verzweifelte Stunden habe. Nichtsdestoweniger gedenke ich Ihrer in inniger Freude über Ihre Genesung und das neue Heim, das Sie sich gründen wollen. Da gebe der Himmel recht seinen Segen dazu. Ich hatte schon den Kindern gesagt, daß, will’s der Himmel, ich die Leiden jetzt überstehe, wir <s>Sie nächstes Jahr besuchen müssen. Sie einmal wieder recht in ungetrübten Glücke zu sehen, das wäre mir eine wahre Herzensfreude. Last not least. Nehmen Sie meinen Dank mit dem lieben Manne für den schönen Geburtstagbrief. Wir alle drei grüßen Sie auf das Wärmste
Ihre
getreuste
Clara Schumann.
P.S. Mein Sekretär ist unser liebes Julchen, die vorgestern zu uns zurückgekehrt ist.
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