23.01.2024

Briefe



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ID: 21737
Geschrieben am: Samstag 21.03.1891
 

Frankfurt a/M d. 21 März 1891.
Liebe Mathilde
auf Ihr vorletztes Schreiben entschloß ich mich sofort zu einer Photographie von mir für Frl. Henne, und fand einen hübschen Rahmen dazu; ich schickte es ihr, und hoffe, sie stellt es irgendwo auf, wo ihr Blick zuweilen darauf fällt, und sie dann an eine der vielen Dankbaren erinnert, die
ihr ja nie vergelten können was sie an ihren Zöglingen Liebes und Gutes thut. Aber auch Sie, liebe Mathilde, haben wie ein Schutzgeist über Julie gewacht, künstlerisch, wie menschlich, und das erkenne ich mit tiefem Danke. Ich habe mir erlaubt Ihnen ein kleines Andenken zu senden, und knüpfe die Bitte daran, daß Sie es mir zur Erinnerung tragen möchten.
Eben erfahren wir daß Julie erst am 8 April nach Halberstadt kann, also wohl noch die Zeit in Berlin bleibt. Es ist uns recht unangenehm, überhaupt glauben Sie gar nicht was für Ungemach wir all die Zeit her durch Ferdin. u. die Kinder hatten. Er und sie hören nicht auf zu quängeln, und mir das Leben schwer zu machen. Gesundheitlich bin ich auch seit 14 Tagen gar nicht zufrieden, huste viel, u. darf gar nicht in die Luft, weil es entweder Ostwind, oder Weststurm ist, oder, wie heute wieder, sehr kalt. Ich habe aber vorige Woche eine große musical Freude gehabt, habe mit Herrn Kwast in seiner Trio-Soiree die Var. f. 2 Claviere v. Brahms über ein Thema von Haydn gespielt, und haben Diese solch einen Enthusiasmus erregt, daß wir sie ganz u. gar wiederholen mußten. Die Leute haben sie das 2te Mal noch mehr genossen, und konnten sich gar nicht beruhigen. Das ist aber auch ein herrliches Werk – wunderbar wie das aufgebaut ist! Sie kennen es doch? es sind die Var. die er später dann instrumentirte. Heute erwarten wir ihn für einige Tage hier, nächste Woche soll sein neues Quintett, das Sie ja gehört, und gewiß auch schon à 4/m gespielt haben, hier in der Kammermusik gemacht werden. –
Eine Bitte habe ich noch, nämlich die, Frl. Henne (ich wollte ihr in meinem Briefe nicht gern darüber schreiben) zu veranlassen, daß sie mir meine Rechnung zukommen lasse, gewiß stehe ich noch sehr in ihrer Schuld.
Und nun herzlichste Grüße Ihnen Beiden, und den wärmsten Händedruck
Ihrer
dankbaren
Clara Schumann.

P. S. Der Doctor stimmte heute wieder sehr für Obersalzberg. Die Kinder bitten mich Ihnen doch auch ihren Dank für Alles auszusprechen. Eugenie geht nächste Woche nach London, um ihre Freundin Fill. zu sehen, bevor Diese ihre Reise mit Hallé u. Neruda nach Australien antritt. Sie wollen dort 45 Concerte geben, u. haben sie dazu engagirt. Ein halbes Jahr geht wohl auf die Reise. [sic] Wir bleiben jetzt ruhig hier!
wollen Sie nicht im Mai etwas reisen? nach den ital Seen? Wir haben gerade Lust, jedoch nur mit Freunden, allein nicht! –

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Wendt, Mathilde (1688)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 14
Briefwechsel Clara Schumanns mit Mathilde Wendt und Malwine Jungius sowie Gustav Wendt / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2011
ISBN: 978-3-86846-025-4
246ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 7362,5-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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