23.01.2024

Briefe



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ID: 22067
Geschrieben am: Samstag 30.12.1865
 


Düsseldorf d. 30 Dec. 1865.
Liebe Frau Riggenbach,
ich bin noch so betrübt von dem neuen schmerzlichen Verlust, der Sie betroffen, daß ich kaum weiß, was ich sagen soll, und doch drängt es mich Ihnen sogleich ein Wort der Theilnahme ┌zu┐ sagen, und Ihnen zu danken für das liebevolle Vertrauen, das Sie mir wieder von neuem durch Ihren ausführlichen Brief bewiesen. Ihre Trauer-Nachricht mußte mich umsomehr bestürzen, als mir eben Brahms, den ich |2| wegen Ihrer lieben Emma befrug, erzählt hatte, wie sehr viel besser es ihr gehe, so daß ich auch schon Julie von der Besserung benachrichtigt hatte!
Welch ein Schlag für Sie arme geprüfte Eltern! ach, hier möchte man wieder ’mal fragen, warum? Eine wahre Beruhigung ist es mir aus Ihren Zeilen die Fassung zu ersehen, und wie ergeben Sie das Schwere tragen. Aber von dem theueren Manne schrieben Sie mir nichts? Männer haben oft weniger |3| Krafft zum tragen als wir. Sagen Sie ihm, bitte, das Innigste von mir.
Ich hatte jetzt auch eine schwere Zeit durchzumachen – Gott sei Dank ist sie glücklich vorüber gegangen. Meine Julie hatte in München, wo sie diesen Winter bei lieben Freunden von mir verweilt, das Nervenfieber, während ich in Königsberg, drei Tagereisen entfernt saß. Das war schrecklich! – Sie ist jetzt aber auf dem Wege der Genesung, und schreibt mir schon wieder eigenhändig.
Am Weihnachtsabend überraschte mich hier, als wir |4| eben bescheerten, Brahms ┌er kam von Detmold┐, und blieb einige Tage hier. Von ihm ließ ich mir viel aus Riggenbach’s Haus erzählen. Beinah wäre ich selbst nach Basel gekommen, man hatte mich zum 10 Dec. zum Spiel im Concert aufgefordert, ich hatte aber andere Engagements und mußte daher abschreiben. Ich hoffe, es arrangirt sich ’mal nächsten Herbst.
Schließlich wünsche ich Ihnen vor allem Krafft, das Leid zu tragen und Trost in Ihren lieben Söhnen, die Ihnen der Himmel gnädig erhalte.
Nochmals dankend und Sie Beide von ganzem Herzen grüßend
Ihre
Clara Schumann.
Ich gehe Mitte Januar nach Wien, im März nach England.
[Umschlag]
Frau
Margarethe Riggenbach-Stehlin
Basel
(Schweiz.)

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Riggenbach-Stehlin, Margaretha (2787)
Empfangsort: Basel
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 10
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Theodor Kirchner, Alfred Volkland und anderen Korrespondenten in der Schweiz / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-021-6
866f.

  Standort/Quelle:*) CH-Bst, s: PA 841a F 20.1 5
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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