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ID:
22216

Geschrieben am:
Dienstag 08.10.1889

Frankfurt a/M d. 8 Octbr. 89

Lieber, verehrter Freund

das war eine gar liebe Ueberraschung, Ihr Geburtstag-Brief, den ich sofort zu den schönsten Erinnerungen dieses Tages legte. Spät kommt mein Dank; aber ich trug ihn all die Zeit im Herzen mit mir herum. Wie doppelt hoch mußte |2| ich Ihr Gedenken schätzen zu einer Zeit, wo Ihnen so Wichtiges auf der Seele lag. Zu unserer Aller Betrübniß mußten wir, die wir Sie so innig berufen glauben, uns ein Kunstwerk zu schaffen, das Zeit und Mode überdauert, erfahren, daß Ihnen der Auftrag zur Ausführung desselben nicht geworden ist, aber, wir hoffen doch, daß Ihr Entwurf der Welt nicht |3| verschlossen bleibt. Sie sind so ganz Künstler, daß die Freude, mit der Sie sich der Aufgabe hingegeben hatten Ihnen durch äußere Umstände nicht verkümmert werden kann!

Ob Sie wohl wieder zu Haus sind? und wie geht es der lieben Gattin? bitte, lassen Sie uns eine Postkarte haben, sobald das bei Ihnen zu erwartende Ereigniß vorüber ist – wir denken ja so viel Ihrer.

|4| Daß ich Sie in Baden verfehlen mußte, war mir hart – hätte mir nur Lisl am Abend zuvor ein Wort sagen lassen.

So leben Sie denn wohl, lieber, verehrter Freund, und schenken Sie und Ihre liebe Frau zuweilen einen freundlichen Gedanken

Ihrer

warm ergeben

Clara Schumann.

Die Töchter senden das Herzlichste.

Absender:
Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)

Absendeort:
Frankfurt am Main

Empfänger:

Hildebrand, Adolf (2432)

Empfangsort:
Florenz

Schumann-Briefedition:
Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
Seite: 1045f.

Standort/Quelle:^*)
D-Mbs, s: Ana 550

*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla


ID:	22216
Geschrieben am:	Dienstag 08.10.1889	Frankfurt a/M d. 8 Octbr. 89 Lieber, verehrter Freund das war eine gar liebe Ueberraschung, Ihr Geburtstag-Brief, den ich sofort zu den schönsten Erinnerungen dieses Tages legte. Spät kommt mein Dank; aber ich trug ihn all die Zeit im Herzen mit mir herum. Wie doppelt hoch mußte \|2\| ich Ihr Gedenken schätzen zu einer Zeit, wo Ihnen so Wichtiges auf der Seele lag. Zu unserer Aller Betrübniß mußten wir, die wir Sie so innig berufen glauben, uns ein Kunstwerk zu schaffen, das Zeit und Mode überdauert, erfahren, daß Ihnen der Auftrag zur Ausführung desselben nicht geworden ist, aber, wir hoffen doch, daß Ihr Entwurf der Welt nicht \|3\| verschlossen bleibt. Sie sind so ganz Künstler, daß die Freude, mit der Sie sich der Aufgabe hingegeben hatten Ihnen durch äußere Umstände nicht verkümmert werden kann! Ob Sie wohl wieder zu Haus sind? und wie geht es der lieben Gattin? bitte, lassen Sie uns eine Postkarte haben, sobald das bei Ihnen zu erwartende Ereigniß vorüber ist – wir denken ja so viel Ihrer. \|4\| Daß ich Sie in Baden verfehlen mußte, war mir hart – hätte mir nur Lisl am Abend zuvor ein Wort sagen lassen. So leben Sie denn wohl, lieber, verehrter Freund, und schenken Sie und Ihre liebe Frau zuweilen einen freundlichen Gedanken Ihrer warm ergeben Clara Schumann. Die Töchter senden das Herzlichste.
Absender:	Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Absendeort:	Frankfurt am Main
Empfänger:	Hildebrand, Adolf (2432)
Empfangsort:	Florenz
Schumann-Briefedition:	Serie: II / Band: 8 Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022 ISBN: 978-3-86846-019-3 Seite: 1045f.

Standort/Quelle:^*)	D-Mbs, s: Ana 550
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla