Frankfurt a/m d. 2 Juni 1882
Geehrter Herr Spitta
meine Antwort auf Ihre freundlichen Zeilen mit Sendung kommt später, als ich selbst es gewünscht hätte, aber es kamen mir der Abhaltungen so Viele, dann, wollte ich das Werk auch erst mehrmals gelesen haben ehe ich Ihnen darüber schrieb. Ich kann Ihnen nun sagen, daß ich es mit größtem Interesse kennen gelernt, und besonders durch Ihre Beurtheilung des Künstler [sic] Schumann zum größten Theile sehr befriedigt war. Vieles ist mir so ganz aus der Seele geschrieben, und ich meine ich hätte es schöner nie gelesen. Aber, hier und da finde ich, wo Sie auf Mängel hinweisen, Ihre Ausdrucksweise etwas schroff. Sie selbst schaffen dem Leser durch die Wärme mit der Sie sich in Ihren Gegenstand vertieften, ein hohes Bild des Künstler [sic], und machen Ersteren um so empfindlicher gegen Tadel, der zuweilen nur durch eine Wendung oder nur ein anderes Wort zu mildern wäre. Könnte ich Sie sprechen, würde es mir vielleicht gelingen meine Ansicht über verschiedene Stellen zu rechtfertigen. Was die Persönlichkeit, das Wesen meines Mannes betrifft, so ist es schwer nach blosen [sic] Mittheilungen ihn zu kennen, seine Briefe an mich würden wohl am ehesten einen Einblick in Dasselbe gewähren, doch für die Veröffentlichung Dieser ist es noch zu früh. Ein kleiner Irrthum liegt in der Benennung des zweiten Satzes v. Op. 17, es heißt nicht Triumpfbogen sondern Siegesboten [sic], ist von Wasielewski falsch verstanden worden. Es lautet doch viel schöner: „Ruinen, Siegesbogen, Sternenkranz.“
Es wäre mir sehr erwünscht, wenn das Werk gerade in Deutschland rechte Verbreitung fände, und freue ich mich aufrichtig darüber, daß Sie es auch hier drucken ließen.
Haben Sie Dank, und seyen Sie mit Ihrer lieben Frau herzlich von uns Dreien gegrüßt.
Hochachtungsvoll bin ich Ihre
aufrichtig ergeb
Clara Schumann.
[Umschlag]
Herrn
Dr Phillipp Spitta.
in
Berlin. W.
10 Burggrafenstrasse.
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