23.01.2024

Briefe



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ID: 22453
Geschrieben am: Donnerstag 25.01.1855 bis: 26.01.1855
 

Meine geliebte Freundin,
Nun ist es wieder Abend und schon spät. Ich kann doch nichts Andres thun, als an Sie denken, Ihre lieben Briefe, Ihr liebes Bild ansehen. Was haben Sie mir angethan, können Sie den Zauber nicht wieder von mir nehmen?
Da hätte ich nun eigentlich sehr nöthig Briefe zu schreiben an Andre |2| ich kanns aber nicht.
Ich will Ihnen davon schreiben.
Heute früh bekam ich <einen> von Hrn. Ave-L’Allemant einen wunderbar herzlichen u. liebevollen. Ich vermuthe nie solche Liebe, der Brief überraschte mich so freudig daß ich ihn fast Frl. Bertha gezeigt hätte, da Sie nicht hier sind.
Von Joachim kam dann Einer, ich habe ihm zu lange nicht geschrieben, wie würde ich doch, fern von Ihnen, Nachrichten über Sie u. Ihren theuern Robert entbehren!
Ich wills nachholen.
|3| Von Grimm kam Einer <mit> desselben Inhaltes. Beilage: die gedruckten Scherzi op. 4 2 & 4 händig 2 Exemplare für Sie u. mich.
Grimm hat noch keine Stunden, übt den ganzen Tag Clavier, componirt Nichts.
Ich habe Heute die erste Stunde der kleinen Miss Weil gegeben, Morgen kömmt Frl. Wittgenfels.
Etüden von Cramer Bd. 1 u. 2 u. einige Stücke aus Sch’s Album. Wie erinnerten mich die Etüden u. Tonleiter an Hamburg! Das ist doch kein Vergnügen, Kindern kleine Sachen einzustudiren.
|4| Ja, dürfte ich die größeren Werke von Bach, Beethoven, Schumann, Schubert lehren, wie gern thäte ichs. Ich wünschte, ich käme in Ruf. Wie geht es Ihnen denn, ich wollte Sie nicht bitten um Briefe u. doch sehne ich schon so sehr danach. Ich weiß doch auch recht gut, wie’s Ihnen geht, Sie halten <sich> eben aufrecht.
Schreiben Sie nur bisweilen einige Worte, da wäre ich sehr glücklich, nur einen recht freundlichen Gruß u. daß Sie noch gesund sind u. daß Sie in 14, 13, 12, 11, 10, 9 8 7 6 5 4 3 2 Tagen wiederkommen!
Gestern Abend ließ sich’s Frl. Bertha |5| nicht nehmen, mir Warmes vorzusetzen. Ich hätte Ihnen, weils mir so gut schmeckte, gern geschrieben, wies heißt, aber die liebe Bertha glaubte, ich hätte sie zum Besten, als ich danach frug. Heute Abend habe ich mir Punch-Syrop geholt, <d> damit ich jeden Abend Ihre Gesundheit trinken kann.
Haben Sie nun endlich Brief aus Endenich? Denken Sie nur, wenns nicht sein sollte, daß wohl einer verloren gegangen ist u. hätte der Arzt noch nicht geschrieben, so wäre eben das Befinden des Lieben noch gleich u. nichts Schlimmes vorgefallen, so glaube ichs auch.
|6| D. 26ten Morgens.
Viel später habe ich Gestern noch Joachim geschrieben u. ihm die Ouverturen eingepackt. Sie sind fertig abgeschrieben.
Sie sind jetzt wohl auf der Reise nach Amsterdam? Oder ruhen Sie sich einen Tag im Haag aus? Das wäre doch recht nöthig.
Eugenie ist wohl bedeutend erkältet; sie hat keinen Appetit, <n> ungeheure Hitze im Gesicht u. schläft viel. Die Knaben sind sehr wohl auch Felix. Mit den Buchstaben wills noch nicht, trotz allem Balkenzucker.
Es nützt nichts, lasse ich diesen Brief noch liegen, Neues kömmt nicht hinzu; Von Ihnen kann ich Ihnen nicht schreiben, u. von Anderem wüßt ich nicht viel. Erfreuen Sie mich doch recht bald durch einige Zeilen, ich entbehre sie so sehr u. Sie erst!
Ihr
Johannes.
Joachim, Grimm, Avé, Frl. Bertha, Leser u. Compa. etc. grüßen. Nudwig u Comp. wollen sich nicht in eine Kiste gucken lassen u. der Mama schicken!

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Amsterdam
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
281-284

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,25
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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