Sonnabend 8ter Dec.
Liebe Clara,
Nun wollt ich wieder nach Detmold schreiben, muß doch erst Ihnen meinen Gruß vermelden u. besten Dank für den lieben Brief Heute Früh.
Nichts haben Sie mir von Ihrem Spiel geschrieben, sonderlich der opus 106! Haben Sie sie gespielt, u, wie ging Alles? Schön<?> Die C dur Sinfonie hätte ich aber mithören mögen!
|2| Die Sinfonie ist meine Liebste unter den 5, u. das Adagio wieder unter den 4 Sätzen ganz entschieden.
Solch Adagio kann nur ein Deutscher komponieren, nur sein tiefernstes Auge blickt noch voll Liebe in größtem Schmerz.
Ein Anklang an dies schöne Adagio in Bachs „musikalischem Opfer“ wird Sie interressiren wenn Sie ihn nicht wissen.
Ich muß hier fast jeden Abend die cis moll-Etuden spielen für die Alle begeistert sind.
Auch Carneval, Davidsbündl. u. Kreisleriana |3| spiele ich viel.
Gestern ist Jaell hier angekommen, wir waren den Abend bei Ave zusammen.
Er schwärmt für alles Mögliche auch für meine Sachen bedeutend, er hat die Fis moll-Sonate in Frankfurt öffentlich gespielt.
Er sieht komisch aus, so wohlgenährt.
Wagner ist sein Gott, ein gütiger, denn er kann ihn ungestraft lästern in abscheulichen Transcriptionen.
Er spielte uns davon Gestern, auch arrang. Lieder von Schumann u. Franz. Schlechter u. seichter kann man’s nicht leicht machen.
|4| Und der kriegt von Hofmeister einen Jahrgehalt für Lieferung solcher Machwerke. 1 1/2 Jahr währt der Contract für’s Erste noch. Wenn er also auch wollte, könnte er die Welt nicht verschonen, gewisse Anzahl Hefte müssen noch gedruckt werden.
Bei Otten soll ich vielleicht das 3te Trio Ihres Mannes spielen, es fehlt uns ein Cellist. Darauf freue ich mich.
Heute wird also der Lobgesang gemacht, dann die Fantasie mit Chor von Beethoven, Chor aus Idomeneo Andante u. Final aus Chopins E dur Concert (woran ich nicht sehr viel Freude habe) u. Tannhäuser-Lohengrin-Fantasie
[Schluß des Briefes fehlt.]
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