23.01.2024

Briefe



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ID: 22842
Geschrieben am: Dienstag 21.02.1888 bis: 29.02.1888
 

Liebe Clara,
Nimm es nicht übel, aber ich habe doch recht herzlich gelacht wie gütig Du bist u. wie kindlich Deine Wiener Geschichte ist!
Der Mann will Autographe, weiter ist es nichts u. da kann ich Dir ganz andre Pfiffe erzählen mittelst derer die Leute solche zu erangeln versuchen; die werden Dir aber auch vorkommen – nur läßt Du die Leute eben etwas fangen!
Ernst ist die Geschichte mit dem Schumann-Verein natürlich nicht. Der Ernst wäre auch eigentlich recht traurig. Wir haben doch, weiß Gott, keinen Verein nöthig zu mehrerer Cultivirung |2| Schumannscher Claviermusik! Man braucht aber die Leute gewiß nicht zu irgend einer, noch so schönen Einseitigkeit zu ermuntern.
Es ist möglich daß Hr. Brichte u. einige weibliche Familien-Mitglieder bisweilen oder häufig <A> Sch. spielen – zu oben gedachtem Zweck aber werden sie sich als Sch.-Verein constituirt haben!
Hätte der Verein auch jenseit der Straße Mitglieder, so würde Hr. Br. wie alle guten Deutschen die einen Verein gründen, etwas haben drucken laßen, ein Blättchen herausgeben u. jedenfalls am Kopf des Briefbogens etwas Gedrucktes haben!
|3| Dir mache ich die Sache vermuthlich bedenklicher u. kitzlicher wenn ich Dir erzähle daß Hr. Br. der Vertreter der (List’schen) Fürstin v. Wittgenstein ist u. <t> deren Erbschaft zu verwalten hat. Es liegt nahe zu denken, daß er dadurch <mit> in den <Busitz[?]> Besitz von Handschriften der modernsten Meister gekommen ist – u. zur Liebhaberei!
Durch meine Bücher-Critik aber habe ich Frl. Marie ja grade als würdige, ernsthafte Lehrerin anerkannt!
Die Anzahl Bände hat Mendel-Reissmann. Schwerer zu lesen, aber der Mühe werth ist aber Koch-Dommer.
|4| Ich habe mir die Freiheit genommen, Dommer u. auch Riemann zu besorgen u. hoffe Marie hat nichts dagegen wenn sie die Bücher in Frkfurt vorfindet. Ich wüßte aber gern ob Marie <>die Musik-Geschichte von Dommer hat? Mir ist so als hätte ich sie ihr einmal ges<chenk>tiftet.
Für den englischen Aufenthalt, wie für alle Orte u. Zeiten wünsche ich das Beste u. grüße herzlichst!
Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: London
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1811f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,205
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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