23.01.2024

Briefe



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ID: 22976
Geschrieben am: Mittwoch 30.01.1861
 

Mittwoch 30ter Jan. 61.
Herzliebste Clara,
Alles hat seine Zeit! Jetzt leider das Briefschreiben wieder! Warum bin ich nicht fürstl. Kapellmeister! War ich in Detmold, da wünschte ich Dich so oft hin, ganz anders als in Hbg. hätte ich Dir da Erholung schaffen nen. Der schöne Wald u. musiciren können, was man will, wenn auch nur zu eignem Vergnügen. Ich möchte mit da sein.
|2| Recht öde war’s doch nach Deinem Weggehn. Man konnte nicht gleich in den gewöhnlichen ruhigen Schritt ┌kommen┐ und torkelte etwas hin u. her. Nun es muß sich finden.
Ich fange jetzt allerlei neue Stunden an. Jedesmal, wenn ich in ein fremdes Haus gehe u. neue Menschen kennen lernen soll habe ich Ahnung oder den Wunsch recht schöne Menschen zu sehen.
Ach es sieht Einer wie der Andre aus, wie selten wird man tiefer angerührt beim Anschaun eines Menschen.
Ich möchte manchmal wünschen diesen u. jenen, Dich z. B. mal wieder zum ersten Mal zu sehen um recht frisch |3| schwärmen zu können. Aber es ist doch auch so schön.
Es geht Dir wohl auch so, Du kannst wohl die Menschen zählen für die Du schwärmen kannst, die Du für voll ansiehst aber wünschst Du nicht auch, sie möchten etwas mehr Haufenweise herumlaufen? In Hbg. weißst Du wohl keine Addreße, die ich aufsuchen kann?
Rob. Heller lobt die letzte Soiree sehr. Bei der Mozartschen Sonate fällt ihm ein: „Zwei Seelen u. ein Gedanke“!
Ende März ist das Concert für Hafner hier. Requiem v. Cherubini, vorher ein Trauermarsch den Graedener noch machen will u. mein Grabgesang.
|4| Könntest Du dazu am Ende kommen? Vielleicht ließe sich Hannover damit verbinden? An Palles<q>ke erfreue ich mich recht, es liest sich doch recht schön.
Grüße in Detmold die ganze hoffähige <Ges>Bevölkerung, weiter kenne ich nicht viel. Empfiehl meine Gesangsachen damit Stimmen verkauft werden.
Gehe auch nach dem Falkenkrug u. trinke da Caffe u. gehe wo möglich a. d. Hermanns-Denkmal mit Bargheer. Gefällt Dir nicht der jüngere Bargheer recht? <Dieselbe> Dasselbe Werk wie s. Bruder in rother<er> gesunder Ausgabe.
Tausend herzliche Grüße
Dein Johannes.
An Maria beste Grüße.
M. Schwester hat sich riesig über das hübsche Tuch v. M. gefreut

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Detmold
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
754-757

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7, 126
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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