23.01.2024

Briefe



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ID: 22977
Geschrieben am: Donnerstag 07.02.1861
 

Donnerstag früh
Große Freude haben mir Deine lieben Briefe gemacht beste Clara u. die entzückten Worte über die Mozartschen Concerte. Nun, ich wußte wohl daß Du was jubeln würdest dabei u. deshalb ärgerte mich’s daß Du am Ende ohne das aus Detmold gehen könntest.
Wie gern wäre ich dabei gewesen, man kann gar nicht größere Wonne haben als eben wenn diese Concerte lebendig werden. Das bloße Lesen ersetzt’s einmal nicht. Wie aus einem ächten Jungbrunnen geschöpft!
|2| Aber leider genießt man wirklich die Wonne allein. Dasselbe Publikum das immer an Mozart mahnt u. moderne Zerrissenheit bespöttelt genießt doch nur diese u. <si[?]> empfängt keinen Eindruck bei Jenem.
Das G dur-Concert behalte ja (wenn Du es von mir hast, ich brauche es nicht.[)]
Solltest Du einmal öffentlich eins spielen, so nimm das in C moll. Es ist das effektvollste u. nun Dir ja auch noch neu.
Ich habe gestern bei Frau Petersen das G moll-Quartett von Mozart gespielt, auch das Quartett von Deinem Robert u. A.
|3| Du wirst eine Idee bekommen haben wie verlockend eine Stellung an diesem kleinen Hof ist. Man kann sich wirklich viel vormusiciren, aber leider kann man nicht immer in sich hinein lustig sein u. da widern Einem die Gesichter schließlich an. Man würde ja ein Menschenfeind!
Die schöne Natur kann man für sich genießen aber wenn Musik im Saal u. vor Leuten macht so will man auch nicht allein sein.
Das Hannöversche Honorar würde mir viel Freude machen wenn ich wüßte daß der Passus: für noch zu Leistendes*) blos von einer gewissen Bescheidenheit dictirt wäre. Sonst ist ja nicht so viel daran.
|4| Wenn Du mir <mal>┌nur┐ einmal schreiben könntest, daß Du ja den festen Vorsatz hast nicht mehr zu arbeiten als Du nöthig hast, das heißt, nicht mehr Concert zu geben als Du eben brauchst um durch zu kommen. Hast Du denn England aufgegeben?
Du hast gewiß genug Geld, viel praktischer u. besser ist es von Dir wenn Du Deine Gesundheit u. Dein ganzes schönes Selbst schonst.
Heute Abend d. h. jetzt gleich, denn die Uhr ist derweile wieder 7 geworden bin ich mit Bargheer bei Avé.
Grüße Marie herzlich u. alle Andern als ob die Namen hier ständen.
Schreibe doch recht bald u. behalte mich lieb.
Dein Johannes.
Inliegendem Brief muß ich die Kappe abmachen damit er in den meinen hineingeht.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Düsseldorf
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
763ff.

  Standort/Quelle:*) D-B: Mus. Nachl. K. Schumann 7,127
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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