23.01.2024

Briefe



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ID: 23002
Geschrieben am: Donnerstag 08.02.1894
 

Liebe Clara.
Herzlichen Dank für die große Freude die mir Dein letzter Brief machte. Vor Allem der schöne u. freundliche Beweis wie sehr es sich mit Deinem Armleiden gebessert hat, daß Du so behaglich schreiben kannst.
Dann auch wegen der lieben Margarethe, von deren Ende ich Schlimmeres zu erfahren fürchtete.
Was Du an Frau St. lobst, kann ich ja Alles gut u. gern unterschreiben u. dennoch den Umgang mit ihr (ein wenig) unerquicklich finden?!
|3| Allerdings gehören zu meinem Verhältniß mit ihr alle Hamburger Geschichten u. Erinnerungen, die nicht angenehm sind, aber auch abgesehen davon, ist sie mir, trotz besagter, ganz rühmlicher Eigenschaften wirklich einfach unsympathisch u. das wird sie Dir auch sein.
Du hattest gewiß grade von Hanslick über Billroth gelesen als Du seinen Tod erfuhrst?
Diese Worte wären Billroth’s letzte Freude; auch Dir werden sie zu Herzen gegangen sein. Ich war ganz gerührt beim Lesen u. meinte man könne ein Freundschafts-Verhältniß nicht herzlicher u. schöner schildern. Unabsichtlich sind sie |2| zu einem Nekrolog bei Lebzeiten geworden.
Die Theilnahme <für>┌an┐ Billroths Tod geht ungemein weit; Wie schön aber u. wie ganz einzig sie sich hier in allen Kreisen zeigt, davon machst Du Dir keinen Begriff!
Sein Abscheiden war lange zu erwarten u. – ihm zu wünschen. Eigentlich hat er sich seit seiner schweren Krankheit nicht recht wieder erholt u. in den letzten Jahren war, wie er selbst oft sagte, jede Stunde Lebens ein Geschenk.
Ueber Vieles in Deinem Brief möchte ich noch plaudern.
Jedenfalls muß ich aber sagen, wie ganz innig es mich jedesmal erfreut, wenn Du von m. Musik so freundlich schreibst, wie diesmal von der 3ten Violinsonate, die ich darauf ganz zärtlich |4| in die Hand nahm u. durchspielte.
Euer Theater hatte mich allerdings eingeladen u. ich habe der Abwechslung wegen sogar abgeschrieben.
Hast Du keine Pläne für Frühlings-Fahrten? Lockt es Dich nicht etwa nach Heidelberg, Baden oder an die italienischen Seen? Ich möchte dann (wie bei der Sonate) Dir nach schwärmen.
Die Geschichten bei Scholz sind sehr unerquicklich – die bei Stockhausen haben aber m. ganz ernstliche Theilnahme u. ich denke oft u. herzlich – auch an die arme Frau, die es gewiß nicht leicht hat – u. mit ihm auch gewiß niemals leicht hatte!!!
Recht von Herzen grüßend
Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2170ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl.Schumann, K. 7,286
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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